Die schönsten Reisen beginnen im Kopf, oft angestoßen durch ein gutes Buch. Doch wie wäre es, die fiktiven Schauplätze der Lieblingsschmöker zu verlassen und den Spuren der Romanhelden auch in der Realität zu folgen? Ob Bücherwürmer nun Thriller-Luft in Prag schnuppern, am Krimi-Tatort im Allgäu ermitteln, in die Märchenwelt des Schwarzwalds eintauchen oder die romantischen Ecken Stuttgarts entdecken – literarische Reisen machen die vielfältigsten Geschichten erlebbar. Nicht umsonst steht 2026 Tschechien als Partnerland im Fokus der Frankfurter Buchmesse. Ebenso führt unsere Übersicht durch die Tiroler Heimat der „Totenfrau“ sowie der „Geier-Wally“, in die Tessiner Refugien von Hesse und Frisch oder Sehnsuchtsorte in Afrika, die sogar Bestseller-Autoren inspirieren.
Tschechien: Buchmessen-Partnerland und Bestseller-Kulisse

2026 rückt Tschechien auch literarisch ins Rampenlicht: nämlich als Partnerland und Ehrengast der 78. Frankfurter Buchmesse (7.-11. Oktober 2026). Das Motto „Ein Land an der Küste“ ist ein augenzwinkernder, maritimer Verweis auf den mitteleuropäischen Binnenstaat und darauf, dass Grenzen vor allem in Köpfen überwunden werden müssen. Die literarische Vielfalt der Republik reicht von zeitgenössischen Stimmen bis hin zu den Klassikern, die das kulturelle Erbe des Landes prägen. Dass Tschechien immer wieder internationale Bestseller-Autoren inspiriert, zeigt Dan Browns neuestes Werk „Zwischen Leben und Tod – das letzte Geheimnis der Menschheit“. In dem 800-Seiten-Buch lässt der Meister des mystischen Thrillers seinen Helden Robert Langdon durch die Gassen Prags irren, auf der Suche nach okkulten Symbolen, alchemistischen Rätseln und verborgenen Wahrheiten. Das Beispiel Jaroslav Rudiš belegt, dass auch Tschechien selbst immer wieder kluge Erzähler hervorbringt. Der preisgekrönte Autor veröffentlicht am 29. August seine Gebrauchsanweisung für Bier – eine literarische Liebeserklärung an Hopfen, Hefe und Heimat. www.visitczechia.com
Afrika: Wenn die Reise selbst zur Geschichte wird

Dass Reisen und Literatur die Kraft zur gegenseitigen Inspiration haben, zeigen auch die Beispiele von Hauser Exkursionen. So bewegte Tommy Jaud ein Hauser-Trip nach Namibia zu seinem humorgeladenen Bestseller „Hummeldumm“ (FISCHER Taschenbuch). In „JA, und dann mitten ins Herz“ (Tredition) verarbeitet Hauser-Kundin Christine Rudolph ihre Geschichte auf einer Kilimandscharo-Tour. Und auch das Titelbild der deutschen Ausgabe von Paulo Coelhos „Unterwegs/Der Wanderer“ (Diogenes) hat seinen Ursprung beim Slow-Trekking-Veranstalter. Fotografiert hat es die langjährige Sahara-Spezialistin Andrea Bahmann auf einer Tour durch das Dünengebiet Erg Admer, das Hauser-Gruppen auf fast allen Algerien-Reisen besuchen.
Bad Reichenhall, Oberbayern: Vom kleinen Grenzverkehr zum modernen Krimi

Schon Schriftsteller Erich Kästner schätzte die mondäne Alpenstadt und verewigte seine Erfahrungen in der charmanten Liebesgeschichte Der kleine Grenzverkehr. 1937 verbrachte der berühmte Publizist und Kinderbuch-Autor mehrere Wochen in Bad Reichenhall, um von dort – wie auch sein Protagonist Georg – zu den Salzburger Festspielen zu pendeln. Denn aufgrund von Devisenbestimmungen war Österreich damals durch eine Grenze vom Deutschen Reich getrennt. Trotz Publikationsverbot in der Heimat seit 1933 durfte der systemkritische Kästner sein Werk zumindest im Ausland veröffentlichen. Heute knüpft Autorin Lisa Graf-Riemann an Bad Reichenhalls literarische Tradition an und zeigt mit den beiden Krimis Kurschatten-Affäre und Die zweite Geige die mörderische Seite der Alpenstadt. Und so wandelt der Leser stets auf Spuren des ermittelnden Hochstaplers Sascha Maiensäss zwischen Luxushotel, Königlichem Kurgarten und den Bad Reichenhaller Philharmonikern durch die oberbayerische Solemetropole. www.bad-reichenhall.de
Füssen, Allgäu: Kommissar Kluftinger und das Geheimnis des Alatsees

Zwar gilt das Füssener Land laut Allgäuer Zeitung als „eine der sichersten Regionen Bayerns“. Von Gewaltverbrechen bleibt die höchst gelegene Stadt im Freistaat dennoch nicht verschont – und sei‘s nur ein fiktionales wie in Seegrund. Den passenden Schauplatz für seinen dritten Kluftinger-Roman fand das Autorenduo Michael Kobr und Volker Klüpfel im Alatsee oberhalb vom Ortsteil Bad Faulenbach. Wilde Legenden ranken sich um das bis zu 32 Meter tiefe Berggewässer, denn Purpur-Schwefelbakterien verleihen ihm mitunter eine eigentümlich blutrote Farbe. Auch Spekulationen über bei Kriegsende dort versenktes Nazigold wabern seit je durch die Gerüchteküche. Als „Klufti“ aber im Rahmen eines Familienausflugs rund um den See zudem mit einem tot geglaubten Taucher und seiner Zigarre rauchenden Füssener Kollegin Friedel Marx konfrontiert wird, nimmt das amüsante Krimi-Abenteuer seinen Lauf. Für Interessierte gibt‘s Seegrund-Führungen auf Spuren des kauzigen Kommissars, für Lesefaule die Verfilmung mit Herbert Knaup. www.fuessen.de
Schwarzwald: Auf den Spuren des kalten Herzens

Dichte Tannenwälder, mystische Moore und alte Handwerksberufe: Wilhelm Hauffs Märchen „Das kalte Herz“ (1827) handelt von Köhlern, Holzfällern, Glasmachern und allerlei dunklen Sagengestalten im Schwarzwald. Es erzählt die Geschichte vom mittellosen Köhler Peter Munk, der aus Liebe zur schönen und aus gutem Hause stammenden Lisbeth einen Weg sucht, um reich zu werden. Ebenso kunstvoll wie die dunkle Bildsprache des Märchens ist auch die Gestaltung des im Freiburger 8 Grad Verlag publizierten Buchs – die Illustrationen finden sich auf 26 Zickzackfalzbögen zum Ausklappen. Wer noch tiefer eintauchen möchte, besucht die Ausstellung im Schloss Neuenbürg im nördlichen Schwarzwald, wo das Märchen in begehbaren Szenen multimedial nacherzählt wird. Außerdem erfahren Reisende in Hauffs Märchenmuseum in Baiersbronn durch Hör- und Videostationen, wie die Menschen im Murgtal früher gelebt haben. www.schwarzwald-tourismus.info
Tiroler Lechtal: Das Vermächtnis der Geier-Wally
Eine junge Frau trotzt der Natur und den Konventionen ihrer Zeit: Anna Stainer-Knittel aus Elbigenalp im Tiroler Lechtal ließ sich im 19. Jahrhundert zu einem Adlerhorst abseilen, eine gefährliche Aufgabe, die sonst nur Männern zugetraut wurde. Später hielt sie diese Szene in einem Selbstporträt fest – als Malerin, die sich in einer männlich dominierten Welt behauptete. In Innsbruck traf sie die Schriftstellerin Wilhelmine von Hillern, die von Bild und Biografie so beeindruckt war, dass sie beides 1875 im Roman „Die Geier-Wally“ verarbeitete, eine Geschichte über Selbstbestimmung, Stolz, Vaterkonflikt und Liebesverzicht. Zwar verlegte von Hillern die Handlung in eine touristisch bekanntere Region, doch Ursprung und Geist der Figur liegen im Tiroler Lechtal. Bis heute wird dort an Anna Stainer-Knittel erinnert, etwa im Museum Wunderkammer oder auf der Geierwally Freilichtbühne in Elbigenalp, die mit kulturellen Angeboten regelmäßig Besucher anzieht. www.lechtal.at