Naxos. Die «kompletteste» Insel der Kykladen

Urs Huebscher Von Urs Huebscher
11 Min. Lesezeit

Die grösste, fruchtbarste und grünste Kykladeninsel besticht durch ihre landschaftliche Vielfalt, kilometerlange Sandstrände, Olivenhaine, fruchtbare Uferebenen, karge Berglandschaften, idyllische Dörfer, antike Marmorstatuen, venezianische Wohntürme und byzantinische Kirchen. In jeder Hinsicht eine grosse Insel, bietet sie aufgrund ihrer Morphologie viele Erlebnisse.

Als sich meine Fähre dem Hafen von Naxos nähert, fällt mir die Portara sofort ins Auge. Portara ist eigentlich das griechische Wort für «grosse Tür». Es ist ein unvollendeter Tempel, der Apollo gewidmet ist. Hier traf nach der griechischen Mythologie Dionysos auf Ariadne. Portara wurde auf einer kleinen felsigen Halbinsel namens Palatia gebaut und darf als das Wahrzeichen von Naxos bezeichnet werden. Die Hauptstadt, genannt Naxos-Stadt oder Chora (ein Name, der oft für die Hauptstädte auf den ägäischen Inseln verwendet wird), umfasst den Haupthafen der Insel. Die Nähe zum Meer in Kombination mit der grossen Anzahl an Touristenattraktionen und Annehmlichkeiten machen Naxos-Stadt zum bevorzugten Ort für viele Besucher. Es ist genau diese Gegend, die während der Touristensaison die meisten Menschen anzieht. Man darf sagen, dass dies im Wesentlichen das Zentrum der Hauptstadt ist. Egal zu welcher Tageszeit, egal wohin man schaut, die Aussicht ist atemberaubend und die Strassen sind immer belebt. Gegen Ende des Frühlings (ab Mitte Mai) und den ganzen Sommer über (bis Ende September) wird es jedoch noch voller. Im Gegensatz zu anderen Gegenden der Insel sind in Naxos-Stadt viele Bars, Cafés, Tavernen und Restaurants das ganze Jahr über geöffnet. Aber in der Hauptstadt von Naxos findet der Besucher noch mehr, wie die Yria (das Heiligtum des Dionysos), das Archäologische Museum, die Burg und den alten Markt. Der Legende nach traf Dionysos Ariadne, Thiseas’ verlassene Frau, in Naxos und heiratete sie. Angeblich fand hier das erste Dionysos-Fest der Antike statt. Marko Sanoudo eroberte die Insel im 11. Jahrhundert und schuf das Herzogtum Naxos. Er erbaute die Burg auf dem Hügel über der Stadt. Auf der Burg finden während der Sommersaison viele Festivals und Ausstellungen statt. Bekannte Bands und Künstler aus der ganzen Welt spielen in dieser mystischen Umgebung, während Maler und Bildhauer ihre Kreationen in den Wänden ausstellen.

Herodot (circa 500 vor Christus) beschreibt Naxos als die wohlhabendste der griechischen Inseln. Tatsächlich dominierte Naxos im 8. und 7. Jahrhundert vor Christus auch den Handel auf den Kykladen. Die Hauptstadt Chora ist nicht nur das Zentrum der Insel, sondern auch heute noch das Handelszentrum aller Kykladen. Die Insel ist Herzstück vieler Legenden der griechischen Mythologie und offenbart ein einzigartiges kulturelles Erbe. Es reicht von der Antike – der alte Tempel von Demeter oder die Kouros

sdr

von Appollonas und Melanes – über das byzantinische Erbe mit zahlreichen, zwischen dem 6. und 13. Jahrhundert erbauten Kirchen und die sehr lange venezianische Zeit mit ihren berühmten Feudaltürmen bis zum wichtigen französischen Einfluss, welcher erst in den 70er-Jahren des
vergangenen Jahrhunderts endete. Das mit Strassen und Häusern aus Marmor gestaltete Dorf Apiranthos ist zudem eines der schönsten Dörfer der Insel, wenn nicht der gesamten Kykladen.

Naxos für Familien
Menschen auf der ganzen Welt setzen die griechischen Inseln oft mit Feiern gleich und obwohl dies auf einige Inseln zutrifft, gibt es andere, die als Familieninseln bezeichnet werden können. Eine davon ist Naxos. Das bedeutet jedoch nicht, dass es an Unterhaltungsmöglichkeiten für das Nachtleben mangelt. Es bedeutet einfach, dass sie so gross ist und so viele Strände hat, dass sie Familien viele Möglichkeiten bietet. Aus diesem Grund ist die Insel für jeden Geschmack und jedes Alter geeignet, was für alle ein Segen ist: für Singles und Paare, für Erwachsene, die Ruhe brauchen und ihre Kinder nicht ständig unterhalten müssen, und für Kinder. Ein weiterer Vorteil der Insel ist, dass das laute Nachtleben aufgrund seiner Grösse weit von Hotels und Zimmern entfernt ist. Obwohl Naxos keine «Partyinsel» ist, gibt es eine Vielzahl von Ausgehmöglichkeiten.

Der nächste Strand in der Nähe von Naxos-Stadt ist der Strand von Saint George (Agios Georgios auf Griechisch). Er ist immer gut besucht, verfügt über schöne Tavernen und viele Bar-Cafés, um einen Drink zu geniessen. Der Strand von Saint George zählt zu den beliebtesten auf der Insel, ideal für Nichtschwimmer und für Familien mit kleinen Kindern. Der Besucher hat eine grosse Auswahl an Stränden, die sich in Aussehen und Stil unterscheiden. Ob man einen Sand- oder Felsstrand sucht, einen ruhigen oder einen belebten, mit oder ohne Sport und Annehmlichkeiten, einen langen Strand oder eine kleine Bucht – Naxos hat es. Eine grosse Anzahl an Stränden wie die von Agia Anna, Agios Georgios, Agios Prokopios, Alyko, Kastraki, Mikri Vigla und Plaka liegt in der Nähe von Naxos-Stadt.
Des Weiteren gibt es viele unberührte Strände mit verschiedenfarbigem kristallklarem Wasser, das von Blau bis Türkis und Grün reicht.

Charmante Dörfer und Kartoffeln
Der Berg Zas thront mit seinen 1 004 Metern Höhe über dem gesamten Archipel und ist hoch genug, um die Wolken einzufangen. Da er fast direkt im Zentrum von Naxos liegt, sind die meisten Dörfer bergig, während einige neben fruchtbaren Tälern und Ebenen liegen und der Rest sich an den Ufern befindet. Die vielen natürlichen Quellen der Insel haben eine sehr frühe Entwicklung der Landwirtschaft ermöglicht. Die Insel ist fruchtbar und hat selbst in den trockensten Jahreszeiten viel Wasser. Im Gegensatz zu den meisten griechischen Inseln, welche mit der Fischerei ihr Geld verdienen, produziert Naxos die meisten seiner Nahrungsmittel selbst. Viehzucht, Milchprodukte, Fleisch und Fleischerzeugnisse, Kartoffeln, Olivenöl, Weizen sowie viele Obst- und Gemüsesorten sind noch heute Hauptprodukte, die alle in verschiedene Teile Griechenlands und teilweise ins Ausland exportiert werden. Handgeschnittene Pommes frites aus der berühmten naxischen Kartoffel waren auch für mich eine ganz neue Erfahrung und schmecken übrigens köstlich. Für die Eklektiker ist die Auswahl an Speisen auf der Insel atemberaubend.

Was die malerischen Dörfer betrifft, ist Naxos ein Paradies für Fotografen. Von Fischersiedlungen am Meer bis hin zu bergigen traditionellen und landwirtschaftlichen Dörfern – man findet alles. Wem das nicht genug ist, für den ist Mountainbiken eine neue beliebte Form von Aktivität auf der Insel: viel Landschaft zum Geniessen und eine grosse Auswahl an Strassen, Küsten- oder Bergstrassen. Die meisten Touristen nehmen gleich bei der Ankunft am Hafen einen Mietwagen in Empfang. Damit können auch leichter die verschiedenen Strände entdeckt werden. Es gibt zwar auch öffentliche Busse, wer jedoch auch etwas von der Insel sehen möchte, erkundet diese am besten mit einem Mietwagen. Es ist kein grosses Fahrzeug erforderlich, da ein kleineres die Insel ganz bequem umrundet.

Die wichtigsten Dörfer sind Apiranthos, Filoti, Glinado, Koronos und Vivlos (auch Tripodes genannt). Bei einem Rundgang durch diese Dörfer wird schnell klar, dass es sich keineswegs um eine mondäne Insel im touristischen Sinne handelt. Jedes der Dörfer hat einen individuellen Charme, der mit seinen Bautypen, Aussichten, Festen und Aktivitäten verbunden ist. Ein Geheimtipp ist das 1182 nach Christus erbaute Kloster Christ Fotodoti nördlich des Dorfes Danakos. Es ist das älteste Kloster von Naxos, das jedoch nicht für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Daher kann der Pilger- Besucher nur den äusseren Teil des Klosters, den Innenhof und die Umgebung besichtigen.

Naxos ist Teil der Kykladen, auf dem sich ein wesentlicher Teil der antiken griechischen Kultur entwickelte und sich nach Kleinasien und Europa ausbreitete. Da ist es nur natürlich, dass auch Denkmäler Teil der naxischen Landschaft sind. Die wenigen, aber sehr wichtigen antiken Stätten haben eine einzigartige Geschichte und es gibt zwei monumentale Statuen von Bedeutung, hauptsächlich aufgrund ihrer erstaunlichen Grösse. Es gibt viel mehr mittelalterliche Denkmäler als antike, da diese Zeit turbulent war und die verschiedenen venezianischen und griechischen Herren dazu gezwungen waren, mehrere persönliche Wohnsitze zu errichten. Diese sind an strategischen Punkten und Dörfern über die Insel verteilt, um nach Piraten Ausschau zu halten. An mehreren Stellen finden sich Türme, die Wachtürmen ähneln, und auch mittelalterlichen Burgen gehören zum Landschaftsbild.

Hotel-Tipp: Naxian Luxury Collection
Auf Naxos sucht man vergebens grosse Hotels. Wer in der minimalistischen Glaslobby des Anwesens der Naxian Luxury Collection ankommt, wird von der Ruhe, dem Blick auf das Meer und den umliegenden grünen Hügel beeindruckt sein. Die Eigentümer des Anwesens, Yannis und Maria, tun alles, um ihren Gästen zu helfen, das Beste von Naxos zu entdecken. Es findet sich hier eine Handvoll kykladischer Villen auf zwei Etagen in Weiss mit privaten Pools inmitten der Natur, einschliesslich geschützter Zedern. Auf den sanften grünen Hügeln liegen majestätische Granitfelsen aus nahegelegenen alten Steinbrüchen – unweit des Biogartens, dessen frische Zutaten ihren Weg in die tägliche Speisekarte finden. Die verschiedenen Suiten und Villen sind mit allen modernen Annehmlichkeiten ausgestattet, von Pflegeprodukten bis hin zur Kaffeemaschine und WLAN.

Naxos ist eine Insel, die nach ihren eigenen Regeln lebt, weil sie nicht vom Massentourismus abhängig ist – ausser an der Westküste. Die Insel ist stolz auf ihre Bräuche, ihre Künstler und ihre Persönlichkeiten, welche die Geschichte und Literatur des gesamten Landes geprägt haben. Weniger bekannt und weniger frequentiert als seine «Rivalen» Mykonos und Paros bietet Naxos damit ein breites Spektrum an Möglichkeiten und vor allem ein hohes Mass an Authentizität.

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Urs Huebscher ist seit vielen Jahren Chefredaktor und Head of des PRESTIGE Travel Magazin. Er reist seit mehr als zwanzig Jahren durch die ganze Welt und hat fast alle Ecken dieser Welt schon gesehen. Seine Reportagen sind in den Print-Ausgaben des PRESTIGE Travel und im Luxus-Magazin PRESTIGE sowie auf deren Online-Seiten zu lesen. Weiter ist er Mitglied der Vereinigung Swiss Travel Communicators, dem führenden Schweizer Netzwerk für Reisejournalismus.