Alpenvorland, Staffelsee und inspirierendes Licht – die oberbayerische Region begeistert Naturliebhaber und Kunstfreunde
Das warme, fließende Licht ist es, das diese Landschaft verzaubert. Es ist ein Licht, das blassblau aus dem wabernden Nebel aufsteigt, der sich am frühen Morgen wie ein dichter Schleier über das Murnauer Moos legt, und es ist auch das Licht, das mittags die Zugspitze klar in den Himmel zeichnet und am Abend das Alpenpanorama jenseits der Schilfwiesen blutrot aufleuchten lässt. Dieser faszinierende Wechsel des Lichts hat schon vor über hundert Jahren Künstler beeindruckt.
Es war im Herbst 1908, als Wassily Kandisky und Gabriele Münter auf einem Ausflug Murnau entdeckten. Das Spiel des Lichts, die Melancholie der Farben und der Marktflecken mit seinen farbigen Häuserfronten entlang der Hauptstraße und einladenden Gasthöfen begeisterte beide so, dass sie den befreundeten Malern Alexej von Jawlensky und Marianne von Werefkin davon erzählten, schreibt Gabriele Münter in ihr Tagebuch.
Erst in Murnau erreichen die Maler den Durchbruch zu eigenen malerischen Ausdrucksmitteln, nach denen sie so lange gesucht hatten. In starken Farben entstehen Ansichten des Ortes, später Bilder der näheren Umgebung mit dem Murnauer Moos und der Alpenkette. Den entscheidenden Umbruch in ihrem künstlerischen Schaffen fasste Münter prägnant zusammen: „Ich habe da nach kurzer Zeit der Qual einen großen Sprung gemacht – mehr oder weniger impressionistisch – zum Fühlen eines Inhalts – zum Abstrahieren – zum Geben eines Extrakts.“
Rauthaus Porträt @Sandra Bangerter
Längst war der Wunsch nach einer ständigen Bleibe in Murnau entstanden. Kandinsky regte den Kauf der damals noch etwas außerhalb des Ortes gelegenen Streidl-Villa an, in die er mit Gabriele Münter im Juli 1909 einzog. In diesem Haus wurden auch die Entwürfe zu der programmatischen Schrift „Almanach des Blauen Reiters“ besprochen, und später überdauerte im Keller ein Großteil des Frühwerks Kandinskys den Zweiten Weltkrieg. Er ist heute Bestandteil der Städtischen Galerie im Münchner Lenbachhaus.
Münter Haus mit Garten @Sandra Bangerter
Auch das Münter-Haus ist heute ein Museum. Mit der berühmten, von Kandinsky bemalten Treppenwange und den bemalten Möbeln gibt das Museum Zeugnis von den Einflüssen der bayerischen Volkskunst auf die künstlerische Entwicklung ihrer Bewohner. Und der Blick durch die Fenster erinnert an Motive, die heute in den Museen der Welt hängen: das Schloss und die Kirche, deren Turm von Bild zu Bild schiefer wird.
„Die Malerei hat unsere Region nachhaltig geprägt“, bestätigt Hotelier Christian Bär. Der gebürtige Murnauer betont, das sich viele Besucher auf die Spuren der Originalmotive der expressionistischen Maler begeben. „Dafür gibt es einen speziellen Kunstspaziergang, der neben dem Münter-Haus auch zum Schlossmuseum führt, in dem zahlreiche Bilder der Künstlergruppe „Blauer Reiter“ ausgestellt sind“.
Man muss aber nicht kunstbeflissen sein, um sich in dieser wundervollen Landschaft wohlzufühlen. Beim Wandern, Radfahren oder im Sommer bei einem Sprung in eine der Seen erleben Besucher Natur von ihrer schönsten Seite. „Den schönsten Blick aufs Murnauer Moos hat man vom Panoramaweg aus, am Berggeist muss ich einfach immer stehenbleiben“, sagt Christian Bär.
Sein Hotel, der Alpenhof Murnau, liegt am Rande des Murnauer Mooses und versteht sich als Naturhotel. „Bei uns gibt die Natur den Takt vor. Jahres- und Tageszeiten bestimmen nicht nur, was auf den Teller und ins Weinglas kommt, sondern auch wann es auf welchen Berg geht, wie es bei uns im Spa duftet oder wer unsere Gäste mit auf eine Entdeckungstour ins Murnauer Moos nimmt“, erzählt Bär. Schließlich wolle man nicht nur auf die umgebende Natur achten, sondern auch auf den inneren Rhythmus der Menschen.
In der Fußgängerzone Murnau @Das Blaue Land Simon Bauer
Und auch in Murnau selbst gibt es viel zu entdecken. Die Hauptstraße ist eine attraktive Fußgängerzone, gesäumt von mit bunten Fresken verzierten Häuserfassaden. Traditionen werden bewahrt, zahlreiche Geschäfte existieren noch an gleicher Stelle wie vor über 100 Jahren. Erhalten haben sich mit dem „KarG und dem „Griesbräu“ rustikale Bierwirtschaften, in denen man deftige bayerische Kost genießen und den Einheimischen „auf’s Maul schauen“ kann, wie es Ödön von Horvath in den 1920er Jahren tat und daraus Weltliteratur schuf.
www.tourismus.murnau.de; www.alpenhof-murnau.com
Titelbild: Schifffahrt auf dem Staffelsee @Simon Bauer