Wer in die Emilia-Romagna fährt, freut sich über gut erhaltene historische Städte, gepflegte Strände, spannende Museen, tolle Restaurants. Selten interessiert sich jemand für die Menschen, die den Wohlstand der Region sichern: die dort ansässigen Unternehmer. Viele von ihnen arbeiten ohne großes Trara ganz diskret hinter den Kulissen ihrer weltweit bekannten Brands, andere stehen persönlich an vorderster Front und setzen ihr Können und ihr Charisma sehr bewusst ein. So oder so: Ohne ihre visionären „imprenditori“ wäre die Emilia-Romagna um einiges ärmer – nicht nur in Euro berechnet.
Die Emilia-Romagna verzeichnet italienweit die höchsten Steigerungen des Bruttoinlandsprodukts und gilt selbst in Corona-Zeiten als Lokomotive der einheimischen Wirtschaft. Zu verdanken ist das den über 400.000 Unternehmen der Region und ihren leitenden Köpfen.
Massimo Bottura, Osteria Francescana
Eigentlich ist er „nur“ ein Küchenchef. Allerdings einer mit drei Michelin-Sternen, der mehrfach an der Spitze des prestigeträchtigen Rankings der „World’s 50 Best Restaurants“ stand und als Superstar unter Italiens Köchen gilt. Die 28 Plätze seiner Osteria Francescana sind so begehrt, dass es fast unmöglich ist, dort einen Tisch zu bekommen. Wartezeiten von über einem Jahr sind normal, Preise von 80 Euro für Tagliatelle al ragù ebenso. Doch Massimo Bottura hat sein Aktionsfeld erweitert – nicht nur ins Fernsehen und im Rahmen von weltweiten Consultant-Jobs. Zusammen mit seiner Frau Lara Gilmore eröffnete er vor den Toren Modenas das charmante Zwölf-Zimmer-Hotel Casa Maria Luigia, dessen Restaurant nun genauso beliebt wie die Osteria und auch genauso teuer ist: Ein Menü mit vielen der Bottura-Bestsellern inklusive Weinbegleitung kostet 450 Euro. 2016 gründete Massimo Bottura die gemeinnützige Organisation „Food for Soul“, mit der er gegen die Verschwendung von Nahrungsmitteln kämpft. Parallel dazu entstanden weltweit eine Reihe durchgestylter Suppenküchen, die Bottura in Anlehnung an klösterliche Speisesäle Refettorio nennt und in denen aus Supermarktresten für Obdachlose gekocht wird. Und Anfang dieses Jahres eröffnete unter seiner Führung die Pasta-Manufaktur Tortellante, in der er zusammen mit Großmüttern und autistischen Jugendlichen die Kunst der Tortellini-Herstellung beleben möchte. www.osteriafrancescana.it
Luigi Maramotti, Max Mara
Mit Luigi Maramotti steht die zweite Generation am Ruder des weltweit bekannten, 1951 in Reggio Emilia gegründeten Modehauses Max Mara, das sich als eines der wenigen in dieser Liga noch in Privatbesitz befindet. Er übernahm die Unternehmensleitung, nachdem sein Vater und Firmengründer Achille Maramotti 2005 verstarb. An seiner Seite arbeiten Bruder Ignazio und Schwester Ludovica. Das Trio hält sich an die Maxime des Seniors – beste Qualität und Design orientierte Mode zu vernünftigen Preisen. Allerdings kam mit der neuen Generation auch ein neues Interesse dazu: Kunst. Seit 2005 vergeben die Maramottis zusammen mit Londons renommierter Whitechapel Gallery den Max Mara Kunstpreis für Frauen, ihre beachtliche Kunstsammlung ist seit 2007 als Collezione Maramotti in einem ehemaligen Max Mara-Fabrikgebäude zu sehen. Zum Familien-Imperium gehören auch die Brands Sportmax, Max&Co, I Blues, Weekend, Marella, Persona, Penny Black und Marina Rinaldi. Mit über 2.500 eigenen Boutiquen in 105 Ländern sowie der Präsenz in mehr als 10.000 Multibrand-Läden weltweit erwirtschaftet die Gruppe einen Umsatz von gut 1,6 Milliarden Euro im Jahr. www.maxmara.com
Elena Pantaleoni, La Stoppa
Die Emilia-Romagna mag nicht zu den großen, bekannten Weinanbaugebieten Italiens gehören, doch auch hier zeichnet sich eine Wende ab. Maßgeblich daran beteiligt ist die Winzerin Elena Pantaleoni, die sich einen Namen für natürliche Weinproduktion gemacht hat, lange bevor das ein weltweiter Trend wurde. Als sie Anfang der 1990er Jahre das Weingut mit rund 30 Hektar Weinbergen unweit von Piacenza von ihrem Vater übernahm, änderte sich auf La Stoppa so ziemlich alles. Anstelle der vorhandenen internationalen Sorten wie Pinot Noir oder Chardonnay pflanzte sie lokale Reben – rote Barbera- und Bonarda-Trauben sowie weiße Malvasia di Candia-, Ortruga- und Trebbiano-Trauben – und stellte den ganzen Betrieb auf biologischen Anbau um. Im Keller passiert so wenig wie möglich. Die Fermentation basiert auf natürlichen, einheimischen Hefen, die Mazeration geschieht langsam auf den Häuten in einem Stahltank und/oder Zementfass, Schwefel kommt kaum zum Einsatz. Zur Reifung kommen die Weine in gebrauchte französische Barriques oder in slowenische Eichenfässer. Heute entstehen auf dem Weingut La Stoppa acht Weine, darunter das Flaggschiff Macchiona: Die elegante, ungefilterte, tiefrote Cuvée aus Bonarda und Barbera macht rund ein Drittel von den jährlich 10.000 Kisten der La Stoppa-Produktion aus und hat der Winzerin auch außerhalb Italiens viele Fans beschert. www.lastoppa.it
Horacio Pagani, Pagani Automobili S.p.A.
Der in Argentinien geborene Bäckerssohn bastelte schon als Zwölfjähriger kleine Automobilmodelle, die heute in einer Vitrine im Pagani-Werk stehen. Mit 15 erklärte Horacio Pagani seiner Mutter, er werde später nach Modena gehen und Autos bauen. Er kam 1983, heuerte bei Lamborghini an und wurde dort zum Chefdesigner. Tempi passati. Heute steht im Pagani-Showroom am Stadtrand von Modena ein futuristisch wirkendes Cabrio aus Titan-Karbon-Monocoque, 370 Stundenkilometer schnell und 1.280 Kilo schwer. Der 2017 in Genf präsentierte Huraya Roadster BC wurde weltweit als Sensation gefeiert und sicherte Horacio Pagani seinen Sonderstatus in der Automobilwelt. Wer sonst produziert maximal 40 Autos im Jahr, die in der Basisversion schon eine Million Euro kosten? In jedem Pagani-Auto steckt ein von Mercedes AMG exklusiv für diese Autos gebauter Motor, alle Details sind maßangefertigt, die Lackierung kann dem Farbton des Lieblingsjacketts des Besitzers angepasst werden. Fast alles ist machbar – aber es dauert: Im Schnitt wartet man gut zwei Jahre auf einen Pagani. Der 3,2 Millionen teure Huraya Roadster BC ist allerdings bereits ausverkauft. www.pagani.com
Guido, Luca und Paolo Barilla
Die größte Nudelfabrik der Welt wurde 1877 von Pietro Barilla als kleiner Brot- und Pasta-Laden in der Altstadt von Parma gegründet. Heute steht mit den Brüdern Guido, Luca und Paolo die vierte Generation am Ruder, die Produktion ist schon lange in eine gigantische Werkshalle vor die Tore der Stadt gezogen. Obwohl die Spaghetti noch genauso aussehen wie Anno dazumal, steckt ihre Herstellung voller Innovationen: Von fahrerlosen Gabelstaplern über digitale 3-D-Nudeldrucker bis zum maximal reduzierten Ausstoß von Treibhausgasen und der Zusammenarbeit mit rund 1.500 Landwirten in ganz Italien – es gibt wenig, was die drei Brüder zur nachhaltigen Optimierung ihrer Produktionskette auslassen. Ihr Motto: Gut für Dich, gut für den Planenten. Die Barilla-Brüder sind davon überzeugt, dass gesunde Lebensmittel automatisch auch umweltschonend sind und haben ihr Unternehmen ökologisch nachhaltig ausgerichtet. Was nicht ganz einfach ist bei einem Betrieb dieser Größenordnung: Barilla beschäftigt insgesamt knapp 8.500 Angestellte, produziert weltweit an 28 Standorten 1,9 Millionen Tonnen Lebensmittel, darunter 900.000 Tonnen Nudeln in fast 200 Formaten. www.barillagroup.com
Weitere Informationen zur Region unter: www.emiliaromagnaturismo.it/en