So vielfältig wie die Region im Herzen Italiens sind auch die Menschen der Emilia Romagna. Mit außergewöhnlichen Begabungen und Leidenschaft für das Kulturgut ihrer Heimat prägen sie die Region und bewahren ihr reiches Erbe für die nächste Generation. Der preisgekrönte Film „Humans of Emilia Romagna“ porträtiert Menschen, die sich für Landschaft, Natur, Kulinarik und Künste einsetzen. Wir stellen Ihnen einige der Persönlichkeiten vor, die die Kultur der Emilia Romagna gestalten und erhalten.
Leinwand-Liebe: Großes Kino in Rimini
„Das Kino war für uns immer das Kommunikationsmittel schlechthin“, erklärt Miro, Gründer des Filmarchivs Riminis, und spricht damit auch für seine filmverrückte Stadt. Für ihn sind Leinwandgeschichten Faszinosum, Berufung und Beruf. Vom ersten Tag an leitete der Filmliebhaber und -experte die Cineteca der Stadt. In ihrem Zentrum steht einer der berühmtesten Söhne Riminis: Federico Fellini. 1920 wurde der Regisseur hier geboren, im wunderschönen Fulgor-Kino entdeckte er seine Leidenschaft fürs Kino. „Klar, dass meine erste Ausstellung sich mit Fellini und dem Cinema Fulgor beschäftigte“, so Miro. „Aber ganz Rimini war die Bühne für seine Kreativität.“ Auch Hafen, Strand und das Grand Hotel sind eng mit Fellinis Werk verbunden – ebenso wie die Altstadt. Seit dem Jahr 2021 erstreckt sich das Fellini-Museum über die Innenstadt der Geburtsstätte des großen Künstlers: die Piazza Malatesta, das Castel Sismondo und den Palazzo Valloni, mit dem legendären Kino Fulgor im Parterre.
Kunst am Automobil: Neues Leben für alte Schätze
Eine kleine Karosseriewerkstatt im „Motor Valley“, der Heimat legendärer Edelmarken wie Maserati und Ferrari in der Provinz Modena, beflügelte Francos Fantasie als Kind. Er wusste: „Eines Tages möchte ich selbst so eine Werkstatt haben.“ Der Traum wurde wahr. Franco arbeitete erst mit ganz normalen Autos, später mit Ferraris. „Ich liebte, was ich tat, lebte im Augenblick und dachte nicht darüber nach, wie sich meine Arbeit in Zukunft entwickeln würde.“ Doch das Beste lag noch vor ihm. Heute spürt er Oldtimer auf, restauriert sie und schenkt ihnen weitere fünfzig Jahre. „Ich sehe, wie sich die Gesichter von Kunden verändern, dass sie echte Freude empfinden, wenn sie das sehen.“ Anstatt Neues herzustellen, bewahrt er lieber wertvolle alte Schätze und verleiht ihnen neues Leben. Der lange, geradezu kunstvolle Prozess des Restaurierens ist weit mehr als eine Arbeit für Franco: „Es ist mein Leben.“
Die Kunst der Käseherstellung: Jedes Detail zählt
„Die Arbeit des Käsers ist kein Gewerbe, sie ist eine Kunst“, erklärt Oriano. Schließlich stellt er kein beliebiges Milchprodukt her, sondern den König der Käse: Parmigiano Reggiano, hierzulande fälschlicherweise Parmesan genannt. Oriano wurde in einen Familienbetrieb in San Giovanni in Persiceto in der Provinz Bologna hineingeboren. „Bei uns gilt der Parmigiano Reggiano als die Quintessenz aller Produkte mit geschützter Herkunftsbezeichnung.“ Denn die Vorschriften zu seiner Herstellung sind penibel, die Produktion erfordert größte Sorgfalt. Auch Teamgeist ist essenziell, ebenso die Arbeit mit Augen, Verstand und den Händen. Denn bei den Herstellungsschritten geht es um die richtige Konsistenz, die richtige Farbe, die aus der Milch aufsteigenden Aromen – und oft buchstäblich um Sekunden. „Verpasst man den entscheidenden Moment, ist das Ergebnis nicht dasselbe.“ Wenn man ihn probiere, zeige sich, ob der Käse gut ist – oder großartig.
Gänsehaut-Faktor zwischen Herz und Kopf
Musik gehört zur Emilia Romagna wie Kochkunst und elegante Autos. Schließlich ist dies die Heimat des Komponisten Giuseppe Verdi und des unvergesslichen Opern-Stars Luciano Pavarotti. „Die Stimme liegt auf halber Strecke zwischen Herz und Kopf. Gesang bedeutet Emotion, Gänsehaut“, so erklärt die in Parma geborene und ausgebildete Sopranistin Tania die Macht der Musik bei einem Auftritt im Opernhaus Verdi in Busseto. „Wenn ich das Gleichgewicht zwischen meinen Gefühlen, meiner Technik und der Kommunikation mit dem Publikum finde, dann wird Musik zur Liebe.“ Empathie sei die Basis ihrer Arbeit, so die Opernsängerin. Und auch die Umgebung zählt, denn in der Provinz Parma gebe es die schönsten Spielorte für klassische Musik – so wie das Opernhaus in Busseto, dem Geburtsort Verdis in der Po-Ebene. „Es ist ein kleines, von Nebel umhülltes Juwel“, schwärmt Tania. „Wir können sehr stolz darauf sein.“
Jedes Stück ein Unikat: Backplatten für Piadina
„Schon meine Vorfahren haben Backplatten aus Ton getöpfert“, erzählt Rosella. „Vielleicht war es ein Ruf aus der Vergangenheit!“ Denn sie und ihr Mann Maurizio machten das uralte Handwerk als Quereinsteiger zu ihrem Beruf. Bereits seit dem frühen 16. Jahrhundert ist das Dorf Montetiffi im Hinterland von Forlì für die Produktion der Platten bekannt, auf denen Piadine Romagnole gebacken werden, dünne, etwa mit Rucola, Parmaschinken und Squacquerone-Käse gefüllte Fladenbrote. Die Platten werden einzeln von Hand gefertigt, so dass keine exakt wie die andere ist – das konsequente Gegenteil von Massenproduktion. „Es sind Gebrauchsgegenstände, die aber einzigartig sind und bei der Benutzung Zufriedenheit verleihen.“ Das ist für Rosella ein wesentlicher Antrieb: „Wenn unsere Platten dieses Gefühl vermitteln, dann bin ich auch zufrieden.“ Mehr noch: „Das Handwerk hat meinem Leben Sinn gegeben.“
Mehr Informationen unter: www.travelemiliaromagna.it/humans-of-emilia-romagna/