Kotor – ein Paradies für Flaneure

Sportboothafen und Bucht von Kotor
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Wo die Adria auf beeindruckende Bergketten trifft, duckt sich mit dem Weltkulturerbe Kotor eine der wohl schönsten Städte Montenegros direkt an Europas südlichstem Fjord.

Autor: Karsten-Thilo Raab

Die uralten Steinhäuser fügen sich zu einem famosen Gesamtbild zusammen. Kotor könnte problemlos als riesiges, frei zugängliches Freilichtmuseum durchgehen und wäre nicht nur eine perfekte Kulisse für ein romantisches Filmsetting, sondern auch für eine wilde Verfolgungsjagd durch das Labyrinth an Gassen. Allerdings ist die von einer 4,5 Kilometer langen Stadtmauer umgebene Altstadt komplett autofrei. Für Fahrzeuge wäre angesichts der Menschenmassen, die hier tagein, tagaus eindrucksvoll mit den Füßen abstimmen, ohnehin kein Durchkommen.

Stadtmauer in Kotor

„Pro Jahr gehen allein 500 Kreuzfahrtschiffe in der Bucht von Kotor vor Anker. Hinzu kommen jede Menge Gruppen, die Tag für Tag mit dem Bus anreisen“, weiß Milica Marković zu berichten. Dabei möchte die lebhafte Gästeführerin „noch nicht“ von Overtourism reden. Gleichwohl wird schnell klar, was die sympathische Powerfrau mit dem schulterlangen Haar meint: Unzählige Busladungen voller Touristen bevölkern das Kleinod und schieben sich rudelweise durch die wohl schönste Stadt Montenegros. Wobei die meisten wie die Lemminge einem hochgehaltenen Schild oder einer Fahne folgen, ehe beim nächsten Stopp kurze Erläuterungen zu den einzelnen Gebäuden warten.

„Wer kann, sollte Kotor vor 10 Uhr morgens oder nach 17 Uhr aufzusuchen“, lautet dann auch Milicas Ratschlag. Und die zweifache Mutter schiebt hinterher, dass dies gerade in der warmen Jahreszeit auch den Vorteil bietet, dass sich die Hitze in den engen Häuserzeilen nicht so aufstaut.

Stadtmauer in Kotor

„Jedes Paradies hat einen Stich“, lacht Milica, deren Namen so viel wie „die Freundliche“ oder „die Lustige“ bedeutet. Attribute, die definitiv auf die charmante Mitdreißigerin zutreffen. Auffallend ist, dass in den engen, verträumten Gassen von Kotor die Dichte an Kirchen kaum geringer scheint als die der Souvenirshops. Zur vollen Stunde, insbesondere um 12 Uhr mittags hallt deren Glockengeläut lautstark durch die engen Häuserschluchten der malerischen Altstadt, die nicht von ungefähr als Weltkulturerbe unter dem Schutz der UNESCO steht.

Bedeutendster Kirchenbau ist die Sankt-Tryphon-Kathedrale. Im Inneren des romanischen Gotteshauses aus dem 12. Jahrhundert befinden sich neben byzantinischen Ikonen und Freskomalereien auch die Reliquien des als christlicher Märtyrer verehrten Heiligen Tryphon. Derweil besticht die St.-Nikolaus-Kirche durch Elemente des Barocks und der Renaissance sowie durch kunstvolle Gemälde, und goldene Altäre.

Restaurant iun der Altstadt von Kotor

Doch nicht nur die verschiedenen Gotteshäuser sorgen für Postkartenmotive in den Gassen von Kotor. An jeder Ecke werden alle erdenklichen Mitbringsel mit Katzenmotiv feilgeboten – Postkarten, Tassen, Taschen, T-Shirts, Magneten und vieles mehr. An vielen Fassaden sind Bilder von Katzen zu finden, über Torbögen und Türen Figuren der schnurrenden Vierbeiner. Die lebendigen, samtpfotigen Vorbilder sind in der Tat überall in Kotor anzutreffen. Mal stolzieren sie im gemächlichen Tempo umher, mal genießen sie eine Sonnenbad oder – je nach Temperstur – auch mal ein schattiges Plätzchen für ein entspanntes Nickerchen. Auf jeden Fall aber sind sie die heimlichen Stars der Stadt. Kaum einer, der nicht eine Katze auf den Digitalspeicher seines Smartphones bannt. Was alle Katzen eint, ist dabei die Tatsache, dass sie eher klein von Wuchs sind.

„In Kotor gibt es sogar ein kleines Katzenmuseum“, weiß Milica zu berichten, dass hier vorwiegend Skulpturen, Fotos, Zeichnungen und Gemälde der Tiere zu sehen sind. Auf jeden Fall aber sind die Samtpfoten fester Bestandteil des Straßenlebens in Kotor. Anzutreffen sind sie natürlich ebenfalls auf der imposanten viereinhalb Kilometer langen, bis zu 15 Meter breiten und 20 Meter hohen Stadtmauer, die ein jeden zumindest in Teilen unbedingt ablaufen sollte. Denn von hier eröffnen sich famose Blicke auf die dreieckige Altstadt und auf die Bucht von Kotor, die gerne als der südlichste Fjord Europas betitelt wird. Der Ausläufer der Adria, die historische Stadtbefestigung und die bis zu 1.894 Meter aufragenden Bergketten des Orjen- und des Lovćen-Massivs bilden ein wohl einmaliges Ensemble, dessen Faszination sich kaum jemand entziehen kann.

Nikola-Kirche in Kotor

„Wer etwas Kondition hat, sollte unbedingt die 1.350 Stufen hinauf zur Festung San Giovanni erklimmen“, beteuert Milica, dass der Aufstieg zwar extrem anstrengend und schweißtreibend, gleichwohl aber überaus lohnenswert sei. Der mächtige Verteidigungswall windet sich als stummer Zeuge einer langen, von Belagerungen, Kämpfen und Erdbeben geprägten Geschichte wie eine steinerne Schlange den Berg hinauf. Auf 260 Metern über dem Meeresspiegel liegt die zwischen dem 9. und 15. Jahrhundert errichtete Burg. Wobei die wenigsten Interesse verspüren, in die Historie des Gemäuers einzutauchen. Dazu sind die An- und Aussichten einfach zu faszinierend. Hier der von Bergen umrahmte Fjord, da der Sportboothafen und daneben die Altstadt von Kotor. Mehr Bilderbuchkulisse geht kaum.

Informationen: www.kotor.me und www.visit-montenegro.com/destinations/kotor 

Anreise: Nächst gelegene Flughäfen sind Podgorica und das kroatische Dubrovnik, wobei Letzteres Verbindungen zu nahezu allen größeren europäischen Airports unterhält.

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