Während sich da und dort in der Natur bereits die ersten Zeichen eines Frühlingserwachens zeigen, tummeln sich in Ischgl noch tausende Skifahrer auf den Pisten. Dank der Höhenlage ist hier der Skibetrieb bis weit in den Frühling hinein möglich.
Autor: Detlef Berg
Paznaun ist nur eines von vielen Tälern in Österreich, das von majestätischen Berggipfeln gesäumt wird. Die Bauern waren arm, lebten von den hart erarbeiteten Erträgen aus der Landwirtschaft und konnten ihr Auskommen allenfalls durch Schmuggel aufbessern. Viele nahmen den beschwerlichen Weg über die Samnauner Berge auf sich, tauschten Kartoffeln, Butter und Käse, Eier und selbstgebrannten Schnaps gegen Reis und Mehl, Zucker und Gewürze sowie Seidenstrümpfe. Heute muss niemand mehr einer illegalen Beschäftigung nachgehen, doch die Schmuggler-Routen gibt es noch – als touristische Erlebniswanderungen.
Erst vor gut 60 Jahren begann die Entwicklung der vier Gemeinden im Paznaun Galtür, Ischgl, Kappl und See von einem der ärmsten Bergtäler Tirols hin zu einer international bekannten und beliebten Urlaubsregion. Ausschlaggebend dafür war der Bau von der Silvrettabahn im Jahre 1963. Einen weiteren Schub für den Tourismus brachte das grenzüberschreitende Skifahren in der Region Ischgl und Samnaun.
Mittelpunkt allen Geschehens ist nach wie vor die Idalp auf 2 320 Metern Höhe. In nur wenigen Minuten bringt die Seilbahn die Wintersportler vom Dorfzentrum von Ischgl nach oben, wo zahlreiche Lifte und Seilbahnen zu den Pisten führen. Die Bergbahnen und Lifte bilden ein eng gesponnenes Spinnennetz über den schneebedeckten Alpen und ermöglichen Abfahrten in allen Schwierigkeitsgraden. Fast 240 Pistenkilometer sind bis Anfang Mai gut präpariert. Olav, der mit seiner Familie aus Norwegen angereist ist: „Wir haben zu Hause natürlich auch Berge und jede Menge Schnee, aber nicht diese wunderbaren Pisten. Meine Eltern sind jetzt auf den etwas einfacheren Abfahrten unterwegs, die Enkelkinder machen gute Fortschritte in der Skischule und ich kann mich auf den schwarzen Pisten erproben. Was wollen wir mehr?“
Die Idalp ist auch Schauplatz der inzwischen legendär gewordenen „Top of Mountain Konzerte“. Ostern gibt zum Beispiel die preisgekrönte Deutsch-Rapperin Nina Chuba ihr Ischgl-Debüt, und am 14. April steht Ischgl ganz im Zeichen des Volks-Rock’n’Roll – beim Liveauftritt von Andreas Gabalier.
Immer mehr Anhänger findet das Schneeschuhwandern. Interessierte können sich geführten Tagestouren anschließen und so die winterliche Landschaft genießen. Ideale Bedingungen bietet das Paznauntal auch für Langläufer. Das gesamte Loipennetz umfasst 77 Kilometer für klassisches Laufen und Skater. Besonders schön – die Loipen auf der Bielerhöhe und dem Silvretta Stausee auf 2 037 Metern Höhe.
Eine Riesengaudi ist der Rodelspaß. Sieben Kilometer lang ist die nächtliche Schussfahrt von der Idalp 950 Meter hinunter ins Tal.
Richtig anstrengend ist das Skitouren gehen. Thomas Köhle muss es wissen. Der Geschäftsführer des Tourismusverbands Paznaun-Ischgl ist oft selbst auf Skitouren unterwegs. „Es ist der Inbegriff der Freiheit in der weiten weißen Natur. Mitbringen sollte man aber gute Kondition und die Fähigkeit auch durch Tiefschnee zu fahren“. Weil man sich bei den Skitouren aber zumeist auf unbekanntem Terrain bewegt, sollten sie Touren immer zusammen mit einem erfahrenen Guide (Skiführer buchbar bei den Skischulen) unternommen werden.
Nach den sportlichen Aktivitäten kann man sich in der neuen, erst 2022 eröffneten Silvretta Therme entspannen. Herzstück der minimalisch gestalteten Themenlandschaft ist der von der umgebenden Natur inspirierte Saunabereich. Die Aufgussmittel enthalten einheimische Bergmineralien und werden auch für Rituale und Peelings verwendet. In der Badewelt gibt es auch ein 25-Meter-Sportbecken und einen Außenpool.
Wer den ganzen Tag an der frischen Winterluft unterwegs war, kann sich dem Aprés-Ski hingeben und ausgiebig feiern. Schließlich ist Ischgl genau dafür bekannt. Es gibt aber auch die Möglichkeit sich kulinarisch verwöhnen zu lassen. Das gastronomische Angebot ist groß und vielfältig – es reicht von bodenständiger Küche in rustikalen Gasthäusern bis hin zu renommierten Gourmetrestaurants. Gleich zehn Haubenlokale wetteifern im Paznauntal um die Gunst der Feinschmecker.
Benjamin Parth, Chefkoch im Restaurant „Stüva“, ist nur einer von österreichweit sechs Fünf-Hauben-Köchen, und Martin Sieberer zeichnet im Fünf-Sternehotel „Trofana Royal“ gleich für drei Haubenlokale verantwortlich. In seiner „Paznauner Stube“ setzt Sieberer ganz bewusst auf heimische Produkte: „Ich verwende lieber ein heimisches Paznauner Lamm als ein tiefgefrorenes aus Schottland oder Neuseeland“, betont er und verweist darauf, dass er bei den regionalen Produkten die Bauern persönlich kennt und genau weiß, wie die Tiere aufwachsen.
Davon profitieren auch die Landwirte, die ihre Produkte für gutes Geld gleich im Tal vermarkten können. Das sieht auch Hermann Huber, Hotelier und Käser in Galtür, so: „Wir haben das Käsemachen im kleinen Stil betrieben, aber die Arbeit hat mich so fasziniert, dass inzwischen eine professionelle Käserei entstanden ist. Unsere Produkte sind vielfach und auch international prämiert und werden überwiegend im Tal verbraucht.“
Seinen rund 40 Milchkühen geht es gut, sagt er. Es sei schließlich eine Milchmädchenrechnung – nur glückliche Kühe sind Garanten für guten Käse.
Bilder: Ischgl Tourismus