Irlands raue Seite

Detlef Berg Von Detlef Berg
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Auf etwa halber Strecke von Dublin zur Atlantic Wild Coast liegt der kleine Ort Strokestown Park mit seinem National Famine Museum. Es macht uns auf sehr emotionale Weise mit einer dunklen Zeit der irischen Geschichte vertraut, in der mehr als eine Million Iren unter dramatischen Umständen ums Leben kamen. Wir erfahren, dass das Land zwischen 1845 und 1852 von einer beispiellosen Hungersnot heimgesucht wurde. Ursache war die Knollenfäule, die die Kartoffel – damals Hauptnahrungsquelle – befällt und ungenießbar macht. Hunger und Krankheit brachten einer Million Menschen den Tod, und eine weitere Million verließ in diesen Jahren Irland. Diese schreckliche Zeit hat das Land bis heute geprägt, und wer das Herz und die Seele Irlands verstehen, kommt an einem Besuch des Museums nicht vorbei.

Am nächsten Tag sind wir mit unserem Guide Joe Haughey an der Atlantikküse am Gleann Cholm Cille wandern. Es regnet und stürmt – das Meer tobt. „Meine Vorfahren waren hier Fischer“, erzählt Joe. „Sie hatten ein hartes Leben, mussten damals mit einfachsten Mitteln im Ozean fischen und oft war nichts im Netz“. Nach dem Besuch des Famine Museums können wir gut nachvollziehen, wie hart das Leben der Menschen auch an dieser rauen Küste war. Wir schätzen deshalb nicht nur die atemberaubend schöne Landschaft mit ihren felsigen Klippen, sondern auch den Luxus, den wir am Abend im The Olde Castle Bar in Donegal bei leckerem Fisch und einem süffigen Bier genießen können.

 

Um das Donegal zu erfahren, muss man es – erfahren. Wir erleben dramatische Küstenabschnitte, einsame Heide- und Moorlandschaften, kleine charmante Dörfer und immer wieder jede Menge Schafe mit grünen, blauen oder roten Punkten auf dem Fell, die den jeweiligen Eigentümer ausweisen. Auf schmalen Straßen erreichen wir das ebenso wilde wie romantische Kap Malin Head. Es bildet den nördlichsten Punkt Irlands und wir haben das Gefühl, am Ende der Welt zu stehen. Das nächste Land in Richtung Westen ist Amerika.

Malin Head bildet auch den Anfang – oder je nach Perspektive das Ende – des Wild Atlantic Way. Die spektakuläre Küstenstraße ist unglaubliche 2 500 Kilometer lang und führt in Richtung Süden bis nach Kinsale im County Cork. Rund 3 800 Schilder mit der charakteristischen Zackenlinie im Logo weisen den Weg. Zu den wohl schönsten Abschnitten der in 14 Segmente eingeteilten touristischen Route gehören Connemara, Burren und West Clare.

Größte Stadt des irischen Westens ist Galway. Das Zentrum ist von einer lebendigen Fußgängerzone geprägt. Bei einem Stadtbummel entdecken wir in den Geschäften nicht nicht nur die üblichen Souvenirs, sondern auch typische Produkte aus der Region, etwa dicke Wollpullover von den nahe gelegenen Aran Inseln. Wir finden auch eine chice Bar, die in einem ehemaligen Lagerhaus von 1825 eingezogen ist. Selbstverständlich gibt es regionalen Whiskey, aber auch einen guten Gin. „Die Zutaten dafür kommen alle von der Insel, alles wächst bei uns richtig gut bei dem vielen Regen“, lacht Greg und fügt hinzu, dass manchmal nur etwas Sonnenschein fehlt.

Am nächsten Tag haben wir Glück – der Wind pfeift uns ganz schön um die Ohren, reißt aber immer mal wieder Löcher in den dichten Wolkenteppich. Wir genießen den Blick über den Atlantischen Ozean, der sich wie ein riesiger blauer Teppich bis zum weit entfernten Horizont erstreckt. Wir sind an den Cliffs of Moher. Die fast senkrecht aus dem Meer aufragenden Klippen erstrecken sich über eine Länge von acht Kilometern und erreichen ihren höchsten Punkt bei fast 214 Metern. Wir wandern auf dem belebten Doolin Cliff Walk, sind begeistert von Fauna und Flora. Wir entdecken knuffige Papageientaucher, erleben keischende Möwen und halten – allerdings vergeblich – Ausschau nach Delfinen

www.ireland.com

Bilder: Detlef Berg

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Detlef Berg ist freier Reise-Journalist und reist seit Jahren durch die ganze Welt. Dabei hat er weit mehr als 100 Länder und alle Kontinente besucht. Über seine Reisen berichtet er in verschiedenen Tageszeitungen und Magazinen und sehr oft ganz exklusiv für uns. Weiter gehört er seit Jahren zu den Top-10 Reise-Journalisten in Deutschland.