Die alte Handelsroute führt durch atemberaubende Landschaften und zeigt das ursprüngliche China
Gu Ronggui nippt an einer Schale Tee, bevor er ins Erzählen kommt: „Ich war zwölf Jahre alt, als mich mein Großvater das erste Mal auf die Reise mit einer Handelskarawane nach Tibet mitgenommen hat. Wir waren damals über sechs Monate unterwegs“, erinnert er sich. Nach weiteren sieben Reisen über das Himalaya-Gebirge gab der heute 55jährige seinen Job als Träger auf und handelt heute in Lijang mit Tee.
Die Tee-Pferde-Straße ist wie die berühmtere Seidenstraße ein alter Karawanenweg. Er führt von Südchina über Tibet bis nach Indien. Ausgetauscht wurden chinesischer Tee und tibetische Pferde, aber auch Seide, Gewürze sowie Salz und Zucker hatten die Händler im Gepäck.
Für Tibeter war der Tee, angereichert mit Yak-Butter, für das Überleben in extremer Höhe und rauem Klima enorm wichtig. Die eingetauschten Pferde wiederum waren vor allem während der Tang Dynastie für das Kaiserliche Heer bestimmt.
Weil Gu Erinnerungen an die Tee-Pferde-Straße erhalten möchte, hat er 2001 in seinem Haus ein Museum eingerichtet. Zu sehen sind alte Landkarten mit den verschiedenen Routen, aber auch Zelte, Kochtöpfe und Sattelzeug. „Die Karawane bestand aus 50 bis zu 100 Ponys und Maultieren sowie 20 Trägern. Zweimal 50 Kilogramm Tee wurden den Tieren aufgebürdet. Damit mussten reißende Flüsse durchquert und 7 000 Meter hoch gelegene Pässe überwunden werden“.
Heute profitieren Besucher von der gut ausgebauten Infrastruktur und können die grandiose Landschaft mit schneebedeckten Bergen, historischen Städten und Klöstern sowie Teilabschnitte des einstigen Weges auf angenehme Weise kennenlernen.
Wir quartieren uns im LUX Hotel mitten in der Altstadt von Lijang ein. Die Hotelgruppe bietet individuelle Touren mit „Discovery Hosts“. Unser Guide Grubpa gehört zur Minderheit der Naxi, Nachkommen tibetischer Nomaden. Stolz zeigt er uns die nach einem verheerenden Erdbeben im Jahre 1996 wiederaufgebaute Altstadt. Wir bummeln durch enge Gassen, bestaunen die traditionelle Architektur der zweistöckigen Häuser mit ihren typischen Schindeldächern, hölzernen Balkonen und kunstvollen Schnitzereien. An jeder Ecke gibt es etwas zu entdecken: lampiongeschmückte Restaurants und Bars, kleine Handwerksläden, aber auch viele Souvenirläden mit Kitsch.
Höhepunkt des nächsten Tages ist der vor den Toren der Stadt gelegene Black Dragon Pool. Beim Rundgang eröffnen sich immer wieder großartige Aussichten auf eine weiße Marmorbrücke, den Tempel und den schneebedeckten Gipfel des 5 596 Meter hohen Yulong Mountain. Viele Rentner tanzen andächtig miteinander zu Musik, die aus den mitgebrachten Radios erklingt. Ein ergreifendes Bild.
Der nächste Tag beginnt aufregend: die enge Straße scheint an den steil abfallenden Felshängen zu kleben. Doch Grubpa steuert den Jeep sicher zur Tigersprungschlucht. Es ist die zweittiefste Schlucht der Welt, auf deren Grund der obere Jangtse seiner ersten großen Biegung bei Lijang entgegenbrodelt.
Der britische Schriftsteller James Hilton machte mit seinem Buch „Der verlorene Horiziont“ Shangri-La zu einem Sehnsuchtsziel. Der fiktive Ort wurde Realität, als der Ort Zhongdian diesen Namen erhielt. Wir erkunden die historische Altstadt, hängen mit Mantras versehene Gebetsfahnen auf und drehen an einer goldenen Gebetsmühle. Die Hauptattraktion ist der Klosterkomplex Songtsenling mit golden leuchtenden Pagodendächern. „Woher kommt ihr?“, fragt uns ein Mönch. „Ah, Deutschland!“ Er kennt Berlin und seine rastlosen Menschen. Ihnen fehle innere Ruhe. „Nehmt das Leben und Euch selbst doch nicht so ernst“, gibt er uns lächelnd mit auf den Weg.
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Bilder: Detlef Berg