Gipfelkunst im Fluss der Zeit – Sensibilisierungsprojekt

Foto: Raphael Schmid
Urs Huebscher Von Urs Huebscher
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Die Stiftung UNESCO-Welterbe Swiss Alps Jungfrau-Aletsch (SAJA) und die Tourismusdestination Aletsch Arena haben gemeinsam mit dem Berner Oberländer Künstler Dominic Müller ein neues Projekt «Gipfelkunst» erarbeitet. Dieses wurde nun, gemeinsam mit Jugendlichen, Gemeindevertretern und dem Fiescher Ex-Skistar und Weltmeister Daniel Albrecht in die Praxis umgesetzt.

Foto: Barbara Mäder

Gipfelkunst im Fluss der Zeit – das Sensibilisierungsprojekt
Das Kunstprojekt möchte verschiedene Landesteile mit ihren Eigenheiten und Gegensätzen abbilden,aber auch einbeziehen: Eines der beiden Hölzer stammt aus der pulsierenden Metropole Zürich, das andere aus der unmittelbaren Umgebung des Aletschgletschers. Die unterschiedlichen Figuren stehen für die verschiedenen Lebensbedingungen und -gewohnheiten der Regionen. Sie sollen zeigen, dass alle Eigenschaften wie Progressivität, Drang zur Entwicklung aber auch Naturverbundenheit und Bodenständigkeit wichtig sind, jedoch der Umwelt zuliebe im Einklang stehen müssen.

Am Mittwoch, 26.8.2020 wurden die Kunstwerke installiert: Je sieben Jugendliche aus dem Oberwallis und der Stadt Zürich packten an um die Kunstwerke von der Fiescheralp zur Märjela zu tragen. Neben einigen Lehrpersonen begleiteten mehrere Vertreter der Gemeinden Fieschertal und Fiesch, der Aletsch Arena und der Welterbe-Stiftung den Anlass. Natürlich wurde die Aktion vom Künstler Dominic Müller betreut und sogar der gebürtige Fiescher und ehemalige Skirennfahrer Daniel Albrecht war mit von der Partie.

Foto: Barbara Mäder

Die Jugendlichen hatten die Gelegenheit, das Kunstwerk aus Ulmenholz, das sich aus zwei kleinen Skulpturen zusammensetzt, auf den Grossen Aletschgletscher zu tragen und dort zu fixieren. Die Figur ist nun dem Fluss des Gletschers ausgesetzt und wird, wie ihr Herkunftsort Zürich, immer in Bewegung sein. Die bodenständige Figur aus Lärchenholz wurde auf einem vom Schmelzprozess freigelegten Felsvorsprung am Gletscherrand verankert und befindet sich aktuell in Blickkontakt mit der Skulptur auf dem Eisstrom.

Nun ist spannend, wie sich die beiden Holzkunstwerke von einander entfernen. SAJA wird dies beobachten und nach einem Jahr werden die Standorte erneut besucht, dokumentiert, ausgewertet und kommuniziert. Daraus können Aussagen über den Rückgang des Gletschereises, wie auch den Fluss des Gletschers gemacht werden. Das Projekt soll jedoch in erster Linie auf die Veränderungen unserer Landschaft aufmerksam machen und die Menschen für die Folgeerscheinungen sensibilisieren.

Gipfelkunst im Fluss der Zeit – Gespräch mit Daniel Albrecht

Foto: Barbara Mäder

Daniel Albrecht, herzlichen Dank, dass du heute Zeit gefunden hast, unser Projekt «Gipfelkunst» zu begleiten. Was macht der Ex-Skistar und Weltmeister, wenn er nicht gerade mit der Welterbe-Stiftung unterwegs ist?
Als Besitzer der Mondhaus GmbH engagiere ich mich dafür, ökologisch sinnvoll und gleichzeitig gesundheitsbewusst zu bauen. Wir nutzen für unsere Vollholzhäuser einheimisches, unbehandeltes Mondholz und verzichten auf naturfremde Stoffe wie Leim oder künstliche Isolationen. So entsteht Wohnraum, der der Natur und uns Menschen guttut. Ich selbst lebe mit meiner Familie in einem solchen Haus und bin damit rundum zufrieden. Natürlich bin ich auch in meiner Vaterrolle sehr glücklich – ich verbringe viel Zeit mit der Betreuung meiner dreieinhalbjährigen Tochter Maria.

Was hat dich dazu bewegt, unser Sensibilisierungsprojekt zu begleiten?
Es ist eine tolle Sache, wenn Kinder und Jugendliche, die teilweise noch gar nie in den Bergen waren, die Möglichkeit bekommen, den Gletscher und seine Umgebung hautnah zu erleben. Das hat
man heute auch gespürt und die strahlenden Gesichter geben einem sehr viel zurück. Zusätzlich hat mich die Verbindung mit der Holzkunst angesprochen, weil ich mich ja nun auch seit über fünf
Jahren mit Holzarten, ihrer Herkunft und ihren Eigenschaften befasse.

Du bist quasi mit Blick auf den Grossen Aletschgletscher aufgewachsen. Was geht dir heute durch den Kopf, wenn du auf den Gletscher und seinen aktuellen Stand siehst?
Es ist bedrückend, die Markierungen des Hochstandes zu sehen. Mir kommen dabei immer wieder die Worte und Erzählungen meines Vaters in den Sinn. Er hat mich schon als kleiner Junge darauf aufmerksam gemacht, dass der Gletscherstand seit 1870 ständig am Sinken ist. Ich werde meiner Tochter schlussendlich wohl genau die gleichen Worte mit auf den Weg geben.

Deine Enkelkinder werden nicht mehr viel vom einst so majestätischen Aletschgletscher sehen können. Was wirst du ihnen dazu erzählen?
Ich werde ihnen von dem mächtigen Eisstrom erzählen, auch wenn man sich das dann sicher kaum mehr vorstellen kann. Das zahlreich vorhandene Bildmaterial wird dabei sicher nützlich sein.
Dass solche eindrücklichen Erlebnisse wie Gletschertouren und Wanderungen nicht mehr erlebbar sind, wird aber ein riesiger Verlust sein.

Als Schneesportler ist man auf Gletscher, kalte Winter und Schnee angewiesen. Aber das Leben eines Skiprofis ist alles andere als klimafreundlich. Hast du dir während deiner aktiven Karriere darüber Sorgen gemacht?
Es ist tatsächlich ein enormer Konflikt – dessen war ich mir auch bewusst. Mir war klar, dass ich mit meinem Beruf klimatechnisch kein Vorbild sein kann. Ich war deshalb sehr darauf bedacht, wenigstens im Privaten ökologisch sinnvoll zu handeln: Also beispielsweise kein Freizeit-Fliegen, regionale Produkte konsumieren und bodenständig leben.

Einige deiner jungen Berufskollegen engagieren sich für Klimathemen oder lassen sich von Sponsoren dazu einspannen. Was möchtest du ihnen dazu raten?
Eine schwierige Frage … Ich weiss tatsächlich nicht, wie ich es damals als junger Sportler gehandhabt hätte. Zu meiner Aktivzeit waren Klimafragen nicht derart präsent im Alltag. Aus heutiger
Sicht denke ich, dass man seine Popularität nutzen sollte, um auf diese wichtigen Themen aufmerksam zu machen. Es betrifft uns schliesslich alle. Natürlich macht das aber nur Sinn, wenn man es aus Überzeugung macht.
Du engagierst dich für klimafreundliche Bauweise und natürliches Wohnen. Welchen Beitrag leistest du sonst noch für Umwelt- und Klimaschutz?
Ich halte es wie früher: Ferien verbringen wir in unserer wunderbaren Region, wir verzichten privat auf grosse Reisetätigkeit. Gegessen wird möglichst aus Papas Garten oder wir kaufen regionale
Bio-Produkte. Ausserdem verwenden wir keine Gifte, Lacke oder chemischen Schutzmittel im und ums Haus. Auch den Fleischkonsum habe ich massiv eingeschränkt.

Wir verbringen den Tag mit 14 Jugendlichen aus Zürich und dem Oberwallis. Gibt es etwas,das du der Jugend mit auf den Weg geben möchtest?
Ein harter Kopf ist wichtig (grinst). Wer an sich glaubt, sich ein stabiles, wohlwollendes Umfeld aufbaut und jeden Tag für seine Ziele arbeitet, kann viel bewegen. Ich finde, jeder sollte seine
eigenen Grenzen setzen und sich nicht zu früh von Aussenstehenden von grossen Träumen und Ideen abbringen lassen.

Wusstest du, dass man als Welterbe-Botschafter für nur 100 Franken im Jahr das UNESCOWelterbe Swiss Alps Jungfrau-Aletsch bei seinen Aufwertungs- und Bildungs-Projekten unterstützen kann und dazu erst noch freien Eintritt ins Besucherzentrum WNF erhält?
Nein, das wusste ich tatsächlich nicht.

Kannst du dir vorstellen, das Engagement der Welterbe-Stiftung in Zukunft so zu unterstützen?
Das kann ich durchaus. Gibt es diese Möglichkeit auch für Firmen?

Ja, das Engagement als Firmenbotschafter kostet 1’000 Franken jährlich, bietet aber zusätzlich Logopräsenz und die Möglichkeit für Präsentation auf den Screens im World Nature Forum.
Das ist eine sinnvolle Sache, zumal man so auch generell eine engere Partnerschaft pflegen kann.

Was wünschst du dir für die Zukunft?
In erster Linie natürlich, dass wir es als Gesellschaft schaffen, endlich unsere Prioritäten den Umständen anzupassen und unser Konsum- und Reiseverhalten ökologisch sinnvoller zu gestalten.
Für mich – und meine Familie im Speziellen – wünsche ich mir vor allem anderen Gesundheit. Aber auch, dass es uns gelingt, unsere Tochter zu einem selbständigen, entscheidungsfreudigen und glücklichen Mädchen heranwachsen zu lassen.

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Urs Huebscher ist seit vielen Jahren Chefredaktor und Head of des PRESTIGE Travel Magazin. Er reist seit mehr als zwanzig Jahren durch die ganze Welt und hat fast alle Ecken dieser Welt schon gesehen. Seine Reportagen sind in den Print-Ausgaben des PRESTIGE Travel und im Luxus-Magazin PRESTIGE sowie auf deren Online-Seiten zu lesen. Weiter ist er Mitglied der Vereinigung Swiss Travel Communicators, dem führenden Schweizer Netzwerk für Reisejournalismus.