Was wäre Bayern ohne seine Wirtshäuser? Lange nicht so schön! Dort treffen sich Freunde, Familien und Fremde zum geselligen Beisammensein, Feiern, Karteln. Historisches Flair sorgt da freilich für eine besondere Stimmung. Wir stellen acht Häuser in Franken, Ostbayern, Allgäu-Schwaben und Oberbayern vor, in denen schon seit Jahrhunderten Speis und Trank ausgeschenkt wird.
Autor: Christian Haas
«GASTHAUS RÖHRL» bei Regensburg: Das denkmalgeschützte Gebäude in Eilsbrunn ist fast 1000 Jahre alt. Seit 1658 befindet es sich in Familienbesitz, seitdem wird hier ohne Unterbrechung gekocht und gezapft – Weltrekord. Den haben Muk und Karin Röhrl schriftlich, nachzulesen im Guinness-Buch oder auf der entsprechenden Urkunde in einer der Stuben. Nebenan werden auf dem Wamsler-Holzofen von 1929 Schweinebraten mit Knödl und Sauerkraut, Wildbret oder das Eilsbrunner Breznschnitzel angerichtet und in der Gaststube serviert. Wahlweise auch im Nebenzimmer, einem schönen Saal oder im Biergarten. Im ersten Stock informiert eine Ausstellung über die jahrhundertealte Hausgeschichte.
«ROTER OCHSE» in Nördlingen: Das Gebäude, in dem der «Rote Ochse» seine Gäste bewirtet, ist ebenfalls sehr alt, vermutlich sogar das älteste Haus in der bayerisch-schwäbischen Kreisstadt. Es wurde im Kern 1273 erbaut, eine gefundene Wand wurde als Teil der alten staufischen Stadtmauer identifiziert. Weiterhin bemerkenswert: eine nahezu komplett erhaltene Kassettendecke von anno dazumal, dazu eine üppig verzierte Tür. Wann die Gastronomie kam? 1545 wird erstmals eine Weissbierbrauerei und 1634 namentlich das Wirtshaus «Roter Ochse» erwähnt. Und heute? Geniessen die Gäste ursprüngliche Rieser Küche. Die Hühner, Rieser Bresse-Hühner, werden selbst gezüchtet, das Gemüse stammt von Feldern und aus Gärten rund um Nördlingen.
«GASTHOF ZUR SONNE» in Neustadt a. d. Aisch: Die Region rund um das mittelalterlich geprägte Städtchen ist bekannt für ihre Teichwirtschaft und die Aischgründer Spiegelkarpfen. Naheliegend, dass im traditionsreichsten Gasthaus des Ortes Karpfen serviert wird – zumindest von September bis April. Alternativ kommen Steaks, Wild- und Lammgerichte auf den Teller, die Küche ist modern-fränkisch. Denkt man angesichts der bis 1568 zurückreichenden Geschichte womöglich zunächst mal nicht. Damals wurde das Haus unterhalb des Nürnberger Tors erbaut, seit 1632 wird es als Gasthaus genutzt. Seit 1904 befindet sich die «Sonne» in Familienbesitz und wird heute in der sechsten Generation geführt. Besonders urig sitzt man im unverputzten historischen Tonnengewölbe des Ratskellers – oder im Biergarten.
«OBERER WIRT» in Pfronten: Man findet das Wirtshaus, eines der ältesten und traditionsreichsten im Allgäu, am Fusse des Breitenbergs, auf den eine Gondelbahn schnell und komfortabel hinaufführt. Entstanden aus einem Bauernhof mit Brauerei, befindet sich die Gaststätte seit dem 16. Jahrhundert in Familienbesitz. Die Einrichtung der Gasträume wurde bei einer gründlichen Sanierung aus bereits vorhandenem, altem Holz des Gebäudes rekonstruiert. Serviert wird gutbürgerliche Küche, wahlweise in der urigen Gaststube oder im Biergarten. Und was, wenn es beim einen oder anderen Bier mal länger wird? Kein Problem: Der «Obere Wirt» verfügt auch über Gästezimmer.
«RADIZERTE TAFERNWIRTSCHAFT D’EHRN» in Finsterau: Einst lag die «radizierte Ehrn», urkundlich 1577 erwähnt, auf einem Flurstück bei Kirchaitnach im Landkreis Regen im Bayerischen Wald. Zu dem Bauernwirtshaus gehörte eine Landwirtschaft und das Recht, einen Gastwirtschafts- und Beherbergungsbetrieb zu unterhalten. Dieses Recht war «radifiziert», also «verwurzelt», und an das Grundstück gebunden – eine Besonderheit. Besonders ist auch, dass das 1840 mit massiv gemauertem Erdgeschoss und grossen Fenstern erbaute Haus abgetragen und 1980 im Freilichtmuseum Finsterau wiedererrichtet wurde. Dort ist die «Ehrn» bis heute in einer sympathischen Wirtshauskultur verwurzelt: Bis zu 60 Gäste erfreuen sich an naturbelassenen Holztischen und Deckenbalken, am Herrgottswinkel und Kachelofen sowie an regionalen und bodenständigen Gerichten.
«GASTHAUS DANIEL» in Ingolstadt: Ein Blick in die Chronik verrät, dass 1471 erste Besucher im «Daniel» bewirtet wurden. Gut 100 Jahre später braute man ein eigenes Bier im Gasthaus. 1818 dann liess die Autorin Mary Shelly ihren Dr. Frankenstein in der oberbayerischen Donaustadt studieren. Gut vorstellbar, dass der sich im «Daniel» das Bier schmecken liess! Das Frankensteinstüberl jedenfalls erinnert an ihn. Das selbst gebraute, untergärige, helle Danielbier kann man sich aber auch im rustikalen Gastzimmer im Untergeschoss, im eleganten Stüberl, im grossen Gastraum sowie im Biergarten schmecken lassen. Dazu werden Klassiker von Schrobenhausener Spargel über Schweinshaxe bis zum Altmühltaler Lamm gereicht – und auf keinen Fall Pommes!
«GASTHAUS ZUR LINDE» auf der Fraueninsel: Die Fraueninsel ist eine von dreien im Chiemsee. Auf der in rund 25 Minuten zu Fuss umrundbaren Insel leben knapp 250 Insulaner, davon etliche Künstler, stehen 50 Häuser und die Abtei Frauenwörth. Die überragt mit ihrem Zwiebeltürmchen alles, auch die 1000-jährige Linde im Inselinneren. Seit 600 Jahren pilgern Gäste in das «Gasthaus Zur Linde» nebenan. Die schöne Lage am höchsten Punkt der autofreien Insel, die klassische Wirtshausarchitektur und schnörkelloses bayerisches Flair sorgen für Gemütlichkeit. Die Küche kombiniert Bodenständigkeit mit Raffinesse. Der Fisch kommt frisch aus dem «Bayerischen Meer», das Wild liefern ansässige Jäger.
«GASTHAUS ZUM RIESEN» in Miltenberg: «Ältestes Gasthaus und älteste Fürstenherberge Deutschlands» – das hat Klang. Laut einer Chronik hätten unzählige gekrönte Häupter das seit dem 12. Jahrhundert bekannte Wirtshaus im unterfränkischen Miltenberg besucht – darunter Ludwig der Bayer 1314 nach seiner Königswahl und Nachfolger Karl IV.! Historisch gesichert jedenfalls ist die erste urkundliche Erwähnung des Hauses von 1411. Am stattlichen Renaissance-Fachwerkbau wurde seit 1589 gezimmert, 2001 das Gasthaus grundlegend renoviert. Heute sind vor allem schaumgekrönte Krüge das Markenzeichen. 16 Biersorten der Brauerei Faust werden ausgeschenkt, hinzu kommen fünf Craftbiere des Hauses. Bei einer Erlebnisführung kann man sich selbst ein (Geschmacks-)Bild machen.
Titelbild: erlebe Bayern / Bernhard Huber