Engelberg – Mit Kempinski zurück ins Zeitalter der Grand Hotels

Urs Huebscher Von Urs Huebscher
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Engelberg – der Zentralschweizer Ort am Fusse des Titlis – ist bekannt als Ausgangspunkt für Outdoor-Aktivitäten, als Freeride-Mekka und für sein Kloster. Dass Engelberg im 19. Jahrhundert als Kurort gefragt war, ist hingegen weniger bekannt. Mit seinen Grand Hotels gehörte das Bergdorf zu den mondänsten Feriendestinationen der Schweiz – und zog gut betuchte Gäste aus dem In- und Ausland an.

Heute gilt das Zentralschweizer Bergdorf als Mekka für Bergsportler und Outdoor-Fans. In seinen touristischen Anfängen aber stand der Ort ganz im Zeichen des Kurwesens und der Grand Hotellerie. Mit dem Grand Palace Kempinski kehrt nun ein Hauch von Belle Époque zurück.

Dorfarzt legte Grundstein

Als in den 1840er-Jahren die ersten Gäste ihren Weg nach Engelberg fanden, taten sie das auf wenig komfortable Art und Weise. Steil ging es zu Fuss, zu Pferd oder – für die, die es sich leisten konnten – in einem Tragsessel hinauf in das Bergdorf. Das Reisen war mittlerweile nicht mehr nur ein Privileg des Adels, sondern auch für das aufstrebende Bürgertum erschwinglich. Ausserdem lagen Höhen- und Bergkuren, mittels derer die heilenden Kräfte der Natur aktiviert werden sollten, im Trend. Dank des fachlichen Wissens und Weitblicks des damaligen Dorfarztes Carl Cattani (1805–1869) vermochte das auf 1.000 m. ü. M. gelegene Engelberg auf diesen Zug aufzuspringen. Mit Therapieangeboten und speziell darauf ausgerichteten Unterkünften machte sich Engelberg schon bald einen Namen als Kur- und Erholungsort.

Verkehrsanschluss und Grand Hotels

Mit dem Titlis und dem Sonnenberg entstanden in den 1860er-Jahren die ersten Grand Hotels. Es folgten weitere, mit klingenden Namen wie Grand Hotel Kurhaus, Winterhaus, Terrace oder Bellevue-Terminus. Längst waren es nun nicht mehr nur Kur- sondern auch Lustreisen, die nach Engelberg führten, und das ehemalige Bergdorf wurde zu einer der mondänsten Destinationen der Schweiz – nicht zuletzt dank der Inbetriebnahme der Stansstad-Engelberg-Bahn im Jahr 1898.

Hoteleigene Eisfelder

Um die Jahrhundertwende florierte der Tourismus in Engelberg – es war die Zeit der Belle Époque. Der Aufenthalt im Grand Hotel war eine Frage des Prestiges und oftmals eine Angelegenheit mehrerer Wochen. Im Sommer spazierte das aufstrebende Bürgertum in den gepflegten Parkanlagen der Grand Hotels oder zu den Aussichtspunkten im Tal. Im Winter waren die Eisfelder Ort des Geschehens – für die gehobenen Hotels in Engelberg gehörte es zum guten Ton, ein eigenes zu betreiben. Kellner servierten auf Schlittschuhen, es wurde Musik gespielt und es galten strenge Benimmregeln. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs war es, was der Belle Époque und längerfristig auch den Grand Hotels ein Ende setzte.

Grand Palace Kempinski

Rund ein Jahrhundert später hält mit der für 2021 angekündigten Eröffnung des Kempinski Palace Engelberg ein Hauch vergangener goldener Zeiten Einzug. Denn das Kempinski ist das erste und einzige internationale Fünf-Sterne-Hotel vor Ort. Zukünftige Gäste dürfen sich neben den 129 modernen Zimmern und Suiten auch auf einen grosszügigen Spa- und Wellnessbereich freuen. Was den Grand Hotels der Belle Époque die hauseigene Eisbahn war, ist beim Kempinski ein Infinity Pool auf der obersten Etage des Gebäudes.

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Urs Huebscher ist seit vielen Jahren Chefredaktor und Head of des PRESTIGE Travel Magazin. Er reist seit mehr als zwanzig Jahren durch die ganze Welt und hat fast alle Ecken dieser Welt schon gesehen. Seine Reportagen sind in den Print-Ausgaben des PRESTIGE Travel und im Luxus-Magazin PRESTIGE sowie auf deren Online-Seiten zu lesen. Weiter ist er Mitglied der Vereinigung Swiss Travel Communicators, dem führenden Schweizer Netzwerk für Reisejournalismus.