Die Stadt Lichtensteig (SG) erhält den Wakkerpreis 2023

Blick auf die Kleinstadt Lichtensteig, Kanton St. Gallen, aufenommen am 17. November 2022. Mit dem Wakkerpreis 2023 wuerdigt der Schweizer Heimatschutz mit Lichtensteig eine Kleinstadt in einer eher strukturschwachen Region im Toggenburg, St. Gallen, in der sich Gesellschaft und Politik gemeinsam mit ebenso kreativen wie pragmatischen Loesungen fuer die Belebung der Altstadt und gegen die drohende Abwanderung einsetzen. fotografiert am Dienstag, 30. August 2022. (KEYSTONE/Christian Beutler)
Urs Huebscher Von Urs Huebscher
4 Min. Lesezeit

Die Blütezeit von Lichtensteig liegt lange zurück. Geblieben sind eine Altstadt und Industriebauten mit grossen Leerständen. Mit dem Mut zur innovativen Belebung dieser Räume hat die Kleinstadt im Toggenburg zu einem neu belebten Selbstbewusstsein gefunden.

Lichtensteig war über Jahrhunderte das wohlhabende städtische Zentrum im ländlichen Toggenburg. Hier wurde der regionale Handel abgewickelt und für den nationalen und internationalen Markt produziert. Kein Wunder, gilt die Kleinstadt als einer der Gründungssitze der UBS und als Ort, an dem die Sekunde erfunden wurde.

Die örtliche Wirtschaft geriet ab den 1970er-Jahren ins Straucheln: Hunderte Arbeitsplätze in Industrie, Handel und Dienstleistung verschwanden, die Bevölkerung schrumpfte bis vor kurzem beständig. Das Resultat waren im Stadtzentrum leerstehende Erdgeschossflächen und in dessen Umfeld unternutzte Industriebrachen. Der Bedeutungsverlust und die schleichende Entleerung zehrten am einst so stolzen Selbstbewusstsein der Kleinstadt.

Das sanierte Toggenburger Museum, das Rathaus fuer Kultur mit Turm (im ehemaligen Rathaus) und eine Seifenmanufaktur (im ehemaligen Polizeigebaeude), von links nach rechts, fotografiert. Mit der Wakkerpreis 2023 wuerdigt der Schweizer Heimatschutz mit Lichtensteig eine Kleinstadt in einer eher strukturschwachen Region im Toggenburg, St. Gallen, in der sich Gesellschaft und Politik gemeinsam mit ebenso kreativen wie pragmatischen Loesungen fuer die Belebung der Altstadt und gegen die drohende Abwanderung einsetzen. (KEYSTONE/Christian Beutler)

Abwehr gegen die Entwertung

Das Vorhaben, einen unerwünschten Erotikbetrieb in einer ruhigen Altstadtgasse einzurichten, brachte die Stadtbevölkerung auf und löste einen Prozess mit langfristigen Auswirkungen aus. Politik, Bevölkerung und Wirtschaft wollten den Leerstand nicht mehr hinnehmen und entwickelten neue innovative Perspektiven zur Belebung der ungenutzten Räume.

Lichtensteig positioniert sich seither bewusst mehrdeutig als «Mini.Stadt» – als selbstbewusste Kleinstadt auf dem Land, die preiswerten Raum bietet zur Verwirklichung von eigenen Visionen und Ideen. Die Stadt unterstützt dabei Initiativen, die Erdgeschosse und Brachen beleben und neue Wege entwickeln, um die richtigen Nutzungen von grösseren Flächen und Arealen zu finden. 

Eine Politik für eine lebendige Kleinstadt

Mit ihrer aktiven Politik nutzt Lichtensteig die Möglichkeiten, auf die bauliche Entwicklung Einfluss zu nehmen und die Nutzungen in eine zukunftsfähige Richtung zu lenken. Es gelingt Lichtensteig neue Menschen anzuziehen und Eingesessene zu halten, Kultur zu ermöglichen und damit den Charakter eines urbanen Zentrums in einer ländlichen Region wieder zu stärken. Die Massstäbe der von der Stadt initiierten Projekte unterscheiden sich dabei stark. Die Stadtverwaltung zog in ein leerstehendes Bankgebäude und schuf damit Raum für ein neues «Rathaus für Kultur». Aus dem alten Feuerwehrdepot wurde ein Kleiderladen. Das leerstehende Industriearal erhält als «Areal Stadtufer» eine neue Identität als partizipativ gedachter und gemischt genutzter kultureller Ort mit Ateliers, Gewerbe und Wohnraum.

Die Herausforderungen bleiben

Die Strategie «Mini.Stadt» ist kein Projekt für Lichtensteig mit einem Enddatum, sondern ein angestossener Prozess mit Zukunftspotenzial. Die Herausforderungen bleiben konstant hoch: Die Klubschule Migros hat kürzlich ihren Standort geschlossen; der grösste Laden der Innenstadt, ein Möbelgeschäft, zieht aus. 

Die Stadt hat sich jüngst eine Vision und Strategie für die räumliche Entwicklung bis 2050 gegeben. Die formulierten Ziele, insbesondere für die Aufwertung entlang der Hauptverkehrsstrassen und der Landschaft, bieten wesentliche Chancen zur Aufwertung des Siedlungsbilds ausserhalb der Altstadt. 

Fotos: Christian Beutler/Keystone/Schweizer Heimatschutz

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Urs Huebscher ist seit vielen Jahren Chefredaktor und Head of des PRESTIGE Travel Magazin. Er reist seit mehr als zwanzig Jahren durch die ganze Welt und hat fast alle Ecken dieser Welt schon gesehen. Seine Reportagen sind in den Print-Ausgaben des PRESTIGE Travel und im Luxus-Magazin PRESTIGE sowie auf deren Online-Seiten zu lesen. Weiter ist er Mitglied der Vereinigung Swiss Travel Communicators, dem führenden Schweizer Netzwerk für Reisejournalismus.