Die bedingungslose Treue des Greyfriars Bobby

Greyfriars Bobby Pub an der Candlemaker Row
typo2wp Von typo2wp
5 Min. Lesezeit

Die Bronzestatue eines kleinen Terriers, der 14 Jahre lang am Grab seines Herrchens wachte, gehört zu den ungewöhnlichen Attraktionen im schottischen Edinburgh.

Autor und Bilder: Karsten-Thilo Raab

Sein Nase ist völlig abgegriffen, funkelt im Gegensatz zum Rest des Körpers in der Sonne – sofern sie denn mal über Schottlands Hauptstadt Edinburgh scheint. Ohne Frage übt der kleine Kerl fast magnetische Anziehungskraft aus. Und so avanciert das obere Ende der Candlemaker Row zu einer Art Pilgerstätte. Genau dort, wo es links auf die George IV Brücke in Richtung Edinburghs Prachtstraße, der Royal Mile, geht, sitzt er erhaben auf einer Säule. Mit aufmerksamen Blick scheint der kleine Terrier genau das zu tun, was er nahezu sein ganze Leben lang getan hat: vergeblich auf die Rückkehr seines geliebten Herrchens zu warten.

Greyfriars Bobby, wie der treue Vierbeiner offiziell heißt, war der Hund eines Polizisten namens John Gray. Dieser arbeitete ursprünglich als Gärtner, wechselte dann im Jahr 1850 in den Streifendienst. Um bei seiner nächtlichen Streife nicht allein unterwegs zu sein, schaffte er sich schließlich einen kleinen, überaus wachsamen Skye Terrier an. Jahrelang sorgte das sechsbeinige Gespann in den nächtlichen Straßen von Edinburgh für Sicherheit, ehe John Gray am 15. Februar 1858 das Zeitliche segnete. Seine letzte Ruhestätte fand der Wachmann schließlich auf einem kleinen, alten Friedhof in Sichtweite der mächtigen Burg, dem Greyfriars Kirkyard.

Greyfriars Bobby Pub an der Candlemaker Row

So weit, so wenig ungewöhnlich. Doch was nun folgt, sollte als eine beispielslose wie herzergreifende Geschichte über bedingungslose Zuneigung und Treue Eingang in die Annalen der schottischen Kapitale finden. Denn fortan wich der Bobby seinem verblichenen Herrchen nicht mehr von der Seite, sondern wachte bei Wind und Wetter am Grab von John Gray. Insgesamt 14 (!) Jahre soll der treu ergebene Terrier auf dem Friedhof gelebt haben, ohne die letzte Ruhestätte von John Gray aus den Augen zu lassen.

Anfänglich sollen die Friedhofsmitarbeiter den kleinen Hund noch versucht haben, zu vertreiben – vergebens. Schließlich gaben sie auf und richteten für Bobby sogar einen Schlafplatz an Grays Grab ein. Fortan gehörte der „Bello“ quasi zum Inventar des Greyfriars Kirkyard. Verpflegt wurde der treue Vierbeiner der Legende nach von einem Tischler namens William Dow, der ihn jeden Tag um 13 Uhr zum Essen in einem nahegelegenen Pub abgeholt und anschließend wieder zurückgebracht haben soll. Ein liebevoller Akt, der angeblich immer wieder auch Schaulustige zum Friedhof und in den Pub lockte.

Grabsteine auf dem Greyfriars Kirkyard

Als Greyfriars Bobby schließlich am 14. Januar 1872 im hohen Hundealter von 16 Jahren verstarb, war schnell klar, dass der Skye Terrier auch nach dem Ableben nicht von seinem Herrchen getrennt werden sollte. Daher wurde der treuen Seele eine überaus ungewöhnliche Ehre zu Teil. Als erster und einziger Hund wurde er auf dem Greyfriars Kirkyard beigesetzt. 

So sehr die Geschichte des pflichtbewussten Wachhundes die Menschen zu Lebzeiten faszinierte, so sehr lässt sie die Menschen bis heute nicht los. Schon kurz nach Bobbys Tod schuf der Bildhauer William Brodie im Jahre 1872 eine lebensgroße Bronzestatue des Tieres, die am oberen Ende der Candlemaker Row aufgestellt wurde und seither als touristischer Magnet gilt. Auf dem Friedhof selber finden sich eine rote Granittafel mit der Inschrift „Let his loyalty and devotion be a lesson to us all“ (Lasst seine Treue und Ergebenheit uns allen eine Lehre sein)  und eine weitere Statue von Bobby, die das Gedenken an die ungewöhnliche Geschichte bis heute aufrecht erhalten.

Gleichwohl gibt es immer wieder Stimmen, die Zweifel an der Echtheit dieser Geschichte haben. Einige gehen sogar so weit zu behaupten, dass auf dem Friedhof nicht der treue Terrier, sondern lediglich streunende Hunde anzutreffen gewesen sein sollen. Der Legende um Greyfriars Bobby tut dies jedenfalls keinen Abbruch. Bis zum heutigen Tage kommen tagtäglich zahllose Bewunderer an das Grab des Vierbeiners, um seine überlieferte Loyalität mit abgelegten Hundespielzeug und Stöckchen zu huldigen. Und sie alle lassen es sich nicht nehmen, der Bronzestaue von Greyfriars Bobby vor dem gleichnamigen Pub, einmal über die Nase zu streicheln…  

Allgemeine Informationen: www.edinburgh.org

Wissenswertes: Die ungewöhnliche Geschichte wurde schon 1961 von Walt Disney unter dem Titel „Greyfriars Bobby: The True Story of a Dog“ (Greyfriars Bobby – Die wahre Geschichte eines Hundes) verfilmt. Im Jahr 2016 setzt ihm der Komponist Sven Hellinghausen mit dem Orchesterstück „Greyfriars Bobby – Die Geschichte einer bedingungslosen Liebe“ ein musikalische Denkmal.

Teile diesen Artikel