Auf den Spuren von Penny Louise durch das ländliche Quebec

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9 Min. Lesezeit

Die Krimis der Bestseller-Autorin spielen in dieser Region

Autor & Bilder: Detlef Berg

Es sind kleine Städte und schön herausgeputzte Dörfer mit Holzhäusern, die den Charme dieser hügeligen Landschaft vor den Toren von Montreal ausmachen. In den liebevoll gepflegten Gärten leuchten die Herbstblumen in allen Farben, und überall sind Kürbisse kunstvoll zur Dekoration aufgetürmt. Die Landschaft lässt an Neuengland denken, das ja nur wenige Kilometer weit entfernt ist und im Herbst zur Laubfärbung von Touristen regelrecht überlaufen wird. Die Eastern Townships aber – so der wenig verheißungsvolle Name der Region im südöstlichen Quebec – sind wenig bekannt. So sind es vor allem Touristen aus der näheren Umgebung, die eine Unterkunft in einer schönen Bed & Breakfast-Pension gebucht haben und hier einen Teil ihres Urlaubs verbringen. Einige Besucher sind auch gekommen, um ein Dorf zu suchen, das es gar nicht gibt und das dennoch weltweit berühmt ist.

Three Pines heißt der an sich eher beschauliche Ort, der aber immer wieder durch mysteriöse Morde in Aufruhr gerät. Three Pines ist der fiktive Schauplatz der Kriminalromane von Louise Penny, einer Erfolgsautorin. Gerade ist ihr neuestes Buch in deutscher Sprache erschienen. Es trägt den bezeichnenden Titel „Unruhe im Dorf“ und ist bereits ihr 17. Krimi. Und für den sympathischen Inspektor Gamache von der Surete Quebec ist es auch der 17. Fall.

Louise Penny, deren Bücher in 28 Sprachen übersetzt wurden und Millionenauflagen erreichen, lebt in Knowlton, einem kleinen Städtchen, das Three Pines zum Verwechseln ähnlich ist. Profunde Kenner ihrer Krimis begeben sich deshalb auf Spurensuche. Sie entdecken im nahen Georgeville Mr. Beliveau’s General Store, die St. Thomas Kirche und das mystische Hadley House, von dem sich Penny zu ihrem Krimi „Das verlassene Haus“ inspirieren ließ. Georgeville liegt am Lake Memphremagog. In der Sprache der Abenaki, der First Nation People, heißt der See „wunderschönes Wasser“. Und der See ist wirklich schön. Er ist 44 Kilometer lang und erstreckt sich von Newport in Vermont bis nach Magog. Lange bevor europäische Siedler ins Land kamen, jagten und fischten die Abenakis hier, allerdings ohne an den Ufern des Sees sesshaft zu werden. Später waren Ausflugsdampfer auf dem See unterwegs. Heute sind es vor allem Segelsportler, die auf dem Wasser zu sehen sind, und rund um den See laden gut ausgebaute Wege zum Wandern und Radfahren ein.

Am anderen Ufer, inmitten der Hügeln der Green Mountains, liegt die berühmte Abtei Saint-Benoit-du-Lac.  Auch die 1912 von Benediktinermönchen aus Frankreich erbaute Abtei ist den Krimi-Lesern wohlbekannt. Sie erinnern sich daran, dass in einem der Bücher der von den Mönchen selbst erzeugte Käse serviert wird, und nicht zu vergessen – die stimmungsvollen gregorianischen Gesänge der etwa 30 Mönche. Beides können Besucher heute vor Ort nachempfinden, und wer auf der Suche nach innerem Frieden ist, quartiert sich auf bestimmte Zeit im Gästehaus der schweigsamen Mönche ein. 

In Knowlton schließlich mit seinen schönen viktorianischen Häusern, kleinen Cafes und Restaurants fällt es kundigen Lesern nicht schwer, in „Brome Lake Books“ Myrna’s Bookstore zu erkennen. Über 8 000 Bücher und Paperbacks stehen in den Regalen, und von Louise Penny gibt es nicht nur alle Bücher, sondern auch Souvenirs. Manchmal ist die in Toronto geborene Schriftstellerin sogar selbst vor Ort, liest aus ihren Büchern und erzählt, wie wichtig ihr das Zusammengehörigkeitsgefühl der Menschen in ihrer Wahlheimat Eastern Townships ist. „Weil jeder jeden im Ort kennt, sind meine Geschichten besonders brisant. Jeder kennt das Opfer, und jeder im Ort könnte Mörder sein“.

Wer sich noch nicht intensiv mit den Krimis von Loiuse Penny beschäftigt hat, kann sich einer geführten Three Pines Tour anschließen. Auf den Fußspuren von Inspektor Gamache wird dabei noch Sarah’s Boulangerie besucht. Dort kommen wunderbare Delikatessen aus der Region auf den Tisch, etwa edler Käse und kräftiger Wein – ganz wie es auch der Inspektor mag.

Ausgezeichnetes Essen bietet auch das Manoir Bellechasse. Dort feiern Armand und seine Frau Reine-Marie jedes Jahr ihren Hochzeitstag und genießen im Feinschmecker-Restaurant Le Hatley ein mehrgängiges Menü. Das charmante Relais & Chateaux-Hotel heißt in der Realität Manoir Hovey und ist die perfekte Herberge für einen Kurzurlaub. Das Anwesen wurde vor rund 120 Jahren in Anlehnung an den einstigen Landsitz von George Washington in Mount Vernon erbaut. Heute bietet das am Ufer des Massawippi Lakes gelegene Ensemble 39 Zimmer, Suiten und Villen – viele davon mit Himmelbett, offenem Kamin und Ausblick auf den See. Die Gäste können im Sommer im See schwimmen, eine Tour mit dem Kanu unternehmen oder es sich einfach bei einem Tee in der Bibliothek bequem machen und ein Buch lesen.

Die wohl schönste Jahreszeit für einen Besuch der Eastern Townships ist der Herbst. Im September und Oktober leuchten die Wälder im Farbenrausch des Indian Summer. Die Laubwälder strahlen blutrot und in leuchtendem Orange. Allein zwanzig verschiedene Ahorn- und neun Eichenarten zählt die kanadische Flora – und jede von ihnen prunkt im Herbst mit unterschiedlichen Farbnuancen. In den Dörfern mit ihren weißen Kirchen stehen Bäume wie flammende Fackeln. Der Herbst ist auch die Zeit der Apfelernte. Das Obst wird zum Cidre, einem moussierendem Apfelwein, gekeltert.

Eine Reise zu Loius Penny wäre unvollständig ohne einen Besuch der Hauptstadt Quebec City. Unterwegs lohnt ein Stopp in einer Ahornsirup-Hütte. In der Sucrerie de la Montagne zum Beispiel erfahrenTouristen von Unternehmensgründer Pierre Faucher und seinem Sohn Stefan, wie das flüssige Gold hergestellt wird. „Nur im Frühling, wenn es nachts friert und am Tag schon angenehm warm wird, spendet der Baum Saft mit der richtigen Süße. Es bleiben uns nur wenige Wochen für die Ernte,“ erklärt Stefan. Aufgefangen wird der Saft in Blechbehältern, deren Inhalt jeden Morgen eingesammelt wird. Um Sirup zu erhalten, köchelt der Saft stundenlang in Metallbottichen. Das Geheimnis des Erfolgs ist die richtige Temperatur – bei einem Holzfeuer keine leichte Sache. Doch die Fauchers kennen sich aus, betreiben das Handwerk seit 1978. Gleich vor Ort kann probiert werden – am besten passt der Sirup zu dünnen Pfannkuchen. Einfach köstlich!

Quebec City schließlich fühlt sich mit seinen gepflasterten, winkeligen Gassen, steinernen Stadttoren und trutzigen Bastionen wie ein Stück Europa in Nordamerika an. Die zweigeteilte Altstadt ist seit 1985 Weltkulturerbe der Unesco und blieb von Wolkenkratzern und Verkehrschaos verschont. Auch auffällige Logos von Restaurant- und Modeketten sucht man vergebens – sie müssen sich dem gediegenen Stil der Altstadt anpassen. Unverwechselbares Wahrzeichen von Quebec City ist das Chateau Frontenac, ein schloßähnliches Hotel mit Türmen und einem unverwechselbaren Kupferdach in der Oberen Stadt. Vor dem Chateau liegt Dufferin Terrace, eine 670 Meter lange Promenade mit Lauben, die zum Flanieren einlädt. Der Blick auf die Untere Stadt und den mächtigen St.-Lorenz-Strom beeindruckt und ist ein beliebtes Fotomotiv.

Begeisterte Louise Penny-Leser entdecken auch in Quebec City Schauplätze der Krimis. Im sechsten Band „Heimliche Fährten“ ist Armand Gamache im eiskalten Winter in Quebec City auf der Suche nach einem Mörder. Die Leiche wurde im Keller des Morrin Centers gefunden, das einst ein Gefängnis war und später in eine Bibliothek umgewandelt wurde. Es bleibt – wie immer spannend. Nur eins sei verraten. Der Inspektor findet den Mörder.

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