Auf den Spuren der Vergangenheit: Sieben Hotels mit Geschichte

Urs Huebscher Von Urs Huebscher
9 Min. Lesezeit

Jahrhunderte alte Gemäuer, verlassene Höfe und herrschaftliche Anwesen: Wessen Herz an historischen Orten zu hüpfen beginnt und mit Begeisterung den Geschichten ihrer BewohnerInnen lauscht, sollte diese sieben Unterkünfte auf seine Reiseliste aufnehmen. Behutsam aus dem Schlaf geholt, erzählen die folgenden Hotels noch heute von ihrer Vergangenheit und wurden zu einzigartigen Refugien, in denen Geschichte hautnah erlebt werden kann.

Nostalgischer Luxus: Portrait Milano

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In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts als erzbischöfliche Priesterschule am Corso Venezia erbaut, haben sich die alten Gemäuer des Hotels Portrait Milano innerhalb der letzten 500 Jahre schon mehrfach einer tiefgreifenden Metamorphose unterzogen. Wo zu Beginn Priester gelehrt wurden, drückten danach Schülerinnen und Schüler die Internatsbänke. Später dienten die hohen Gewölbe als Hospital, Druckerei und Ministerium, kurzzeitig wurden sie sogar als Gefängnis genutzt. Zuletzt nutzte der Stararchitekt Mario Bellini einen Flügel des barocken Palastes als Atelier, bevor es die Lungarno Collection nach mehrjährigem Leerstand vor dem Verfall rettete. Ende 2022 eröffnete das 5-Sterne Hotel Portrait Milano seine Türen für MailänderInnen sowie BesucherInnen aus aller Welt, die nun in 73 luxuriösen Zimmer und Suiten inmitten von Mailand übernachten können. Unbedingt besuchen: Den Flagship-Store So-Le Studio von Maria Sole Ferragamo, der Tochter von Leonardo Ferragamo, der sich zwischen die Shops und Restaurants der beeindruckenden Säulengänge des 2.800 Quadratmeter großen Innenhofs einreiht. www.lungarnocollection.com/portrait-milano-hotel/

Auf den Spuren des Adels: Romantik B&B The Verhaegen

©-Romantik-Hotels-Restaurants

Wie aus einer anderen Zeit entsprungen befindet sich der prächtige Stadtpalast des Romantik B&B The Verhaegen inmitten der mittelalterlichen Stadt Gent. Im Jahr 1760 als Winterresidenz für Graf und Gräfin Dhane-Steenhuyze erbaut, wechselte es in den nachfolgenden Jahren mehrfach seine Besitzer. So zählte auch die Familie der Verhaegens zu seinen Bewohnern, die dem Hotel seinen Namen gaben. Nach jahrelangem Familienbesitz stand der Stadtpalast im Jahr 2004 zum Verkauf, bis er von den belgischen Innenarchitekten Marc Vergauwe und Jan Rosseel erworben wurde. Nach einem liebevollen Umbau birgt der prächtige Stadtpalast heute das Zuhause und den Arbeitsplatz des Paares, sowie sechs Gästezimmer, die mit ihren hohen Decken, romantischen Himmelbetten und filigranen Kassettentüren noch immer die Eleganz des belgischen Patrizierhauses versprühen. www.romantikhotels.com

Die Tradition Südtirols erleben: Wanderhotel Autentis

©-KOTTERSTEGER

Drei verlassene, jahrhundertealte Bauernhöfe renovieren und in ein Hotel mit stimmigem Gesamtkonzept verwandeln? Mit Sicherheit keine leichte Aufgabe. Für Familie Steiner aus dem Antholzer Tal, direkt neben dem Pustertal, glich das Projekt allerdings mehr einer Herzensangelegenheit, das nicht nur zahlreiche Baugenehmigungen erforderte, sondern auch reichlich Geduld. Doch beides zahlte sich aus: Ganze 25 Jahre später waren die denkmalgeschützten Höfe aus dem 16. Jahrhundert renoviert und überzeugen heute durch die gelungene Verbindung aus Tradition und Moderne. Gastgeberfamilie Steiner ließ hier alte Werte neu aufleben und kombinierte sie mit aktuellen Trends. Mit seinen gemütlich-rustikalen Zimmern und Suiten ist das 4-Sterne-Hotel Autentis ein echtes Schmuckstück geworden. Tief verbunden mit der Region wird die Südtiroler Lebensart im Wanderhotel Autentis von der Kulinarik über die traditionsreichen Räumlichkeiten bis hin zum Autentis-Spa erlebt. Letzteres lockt neben Dampfbad und Pools sogar mit eigener Tiroler Sauna. Genusstipp: der Südtiroler Speck der familiengeführten hauseigenen Metzgerei! www.autentis.it www.wanderhotels.com

Der Beginn einer neuen Ära: d’Kammer im Unterallgäu

© Uli Müller Verena Dorn Julia Staudinger

Am Rand von Illerbeuren, einem kleinen Ort im Unterallgäu, liegt das Ferienhaus „d’Kammer“. Was über Generationen hinweg als landwirtschaftlicher Betrieb geführt wurde, ist heute ein gemütliches Aparthotel mit fünf großzügigen Studios und einem Ferienhaus. Auch ein Yogaraum und die Tenne für Workation und Tagungen sind Teil des idyllischen Rückzugsorts. Die Entscheidung zum Umbau fiel den Gastgebern Julia und Michael nicht schwer: „Das Bauernhaus meiner Oma Anna war schon immer ein Ort, an dem Freunde und Familie zusammenkamen. Wir wollten die Hofstelle erhalten, doch nicht mehr als Landwirtschaft, sondern als besonderen Übernachtungsort.“ Behutsam wurden den ehemaligen Stallungen, dem Heuboden und der Tenne neues Leben eingehaucht, wobei niedrige Türen, sowie alte Möbel an eine vergangene Zeit erinnern und das Haus zu einem Ort machen, an dem Geschichte nicht vergessen, sondern weitergelebt wird. Nicht entgehen lassen sollte man sich übrigens das fabelhafte Slow Food Frühstück, das ganz wie bei Oma Anna damals, frisch und liebevoll zubereitet nur das Beste vom Besten aus der Region bereithält. www.blauergockel.de

Italienische Noblesse: Palazzo di Varignana

©-Palazzo-di-Varignana

Umgeben von prächtigen Olivenbäumen und Weinreben thront das Resort Palazzo di Varignana auf den Hügeln südlich von Bologna. Im Jahr 2005 erfüllte sich der Gründer mit dem Kauf des damaligen Landschlosses einen Traum und verwandelte die historischen Mauern in ein luxuriöses 4-Sterne-Wellness-Retreat. Zwischen üppigen Gärten und romantischen Hügellandschaften treffen in den 150 eleganten Zimmern und sechs eigenständigen Villen Natur, Wellness, Geschichte und Geschmack aufeinander. Ebenso im kürzlich renovierten Country House, das sich mit eigenem Restaurant und Gästezimmern wunderbar für private Veranstaltungen eignet. Tatsächlich ist eine Reise in die Vergangenheit im Palazzo di Varignana neuerdings im wahrsten Sinne des Wortes möglich: Nach Jahrzehnten im Dornröschenschlaf wurde dem Treno Reale, einem Prototyp des königlichen Zuges aus dem Jahr 1921, zu neuem Glanz verholfen. Heute empfängt er die Gäste des Palazzo di Varignana als ganz besonderes Restaurant. Die Türen des Zuges öffnen sich jeden Samstag um 20:30 Uhr, Dresscode: Schick! www.palazzodivarignana.com

Eine Familienangelegenheit: Das Parkhotel Holzner

©Hannes-Niederkofler

Im Parkhotel Holzner wird seit 115 Jahren Geschichte erlebt und geschrieben. Mittlerweile wird das beeindruckende Haus in vierter Generation von Wolfgang Holzner und seiner Frau Monika mit viel Liebe zum Detail geführt – und schon auf den ersten Blick wird deutlich, dass die Gastgeberfamilie ein feines Gespür für die schönen Dinge des Lebens hat: Am Südhang des Rittner Hochplateaus, auf 1.200 Höhenmetern, thronen der Alpine Jugendstil von 1908 und die moderne Erweiterung aus dem Jahr 2018 harmonisch nebeneinander und verkörpern eine Symbiose aus Historie und Zeitgeist. Die bewegte Vergangenheit des Hotels ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen, dabei überstanden das Holzner und seine Gastgeberfamilie raue Zeiten des Kriegs, der Entbehrung, Besetzungen, Gerüchte um einen Verkauf und familiäre Schicksalsschläge – sowie einen Nachtclub im Untergeschoss des Hotels. Interessierte können die Einzelheiten im hoteleigenen Museum unter dem Dach des Hauses bestaunen. Heute ist eines gewiss: Dass an diesem besonderen Fleckchen Erde kein Kettenhotel oder gar überhaupt kein Hotel mehr steht, das ist den Menschen zu verdanken, die hier ein und aus gegangen sind und gehen. Mit unermüdlichem Engagement und Bedacht für die Geschichte des Hauses hat Familie Holzner einen einzigartigen Wohlfühlort geschaffen. Die Vergangenheit ist hier stets spürbar – perfekt im Einklang mit all den Annehmlichkeiten der Moderne. www.parkhotel-holzner.com

Im Salon der Dolomiten: Hotel Drei Zinnen

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Kein geringerer als der Architekt Clemens Holzmeister war es, der von Hans Watschinger im Jahre 1926 mit einem anspruchsvollen Hotelprojekt in Sexten, am Fuße der Sextner Dolomiten, beauftragt wurde. Ein echter Blickfang, elegant und erhaben. Ein Bauwerk, das durch seine puristische Einfachheit besticht. Das Ganze an einem besonders idyllischen Flecken Erde, der es jedem Bauprojekt schwer macht, die Blicke auf sich zu lenken. Ein Gesamtkunstwerk. Wie gemacht für einen Tapetenwechsel. Klein und fein, beinahe zärtlich wirkt das imposante Bauwerk in seinem Inneren. 35 individuell eingerichtete Zimmer mit persönlicher Note, familiäre Behaglichkeit, wohltuende Nostalgie. Nicht inszeniert, sondern in Würde gereift. Wohnen, so charmant wie Anno dazumal mit allen Annehmlichkeiten des Heute. Urlauber erwartet ein schlichter Badebereich, ein beheiztes Freischwimmbad im Sommer und viele Aufenthaltsräume. Erholungs-Tipp: Den grandiosen Panoramablick von der ruhig gelegenen Sonnenterrasse genießen. www.hotel-drei-zinnen.com www.sexten.it

Titelbild ©-Hannes-Niederkofler

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Urs Huebscher ist seit vielen Jahren Chefredaktor und Head of des PRESTIGE Travel Magazin. Er reist seit mehr als zwanzig Jahren durch die ganze Welt und hat fast alle Ecken dieser Welt schon gesehen. Seine Reportagen sind in den Print-Ausgaben des PRESTIGE Travel und im Luxus-Magazin PRESTIGE sowie auf deren Online-Seiten zu lesen. Weiter ist er Mitglied der Vereinigung Swiss Travel Communicators, dem führenden Schweizer Netzwerk für Reisejournalismus.